Ein Konzertwochenende kann zuweilen schon einmal an einem Freitag starten, wenn es sich um ein Festival handelt. Wenn das Festival dann noch Rocknacht Tennwil heisst, welches heute seine 14. Ausgabe feiert, dann ist die Vorfreude noch um eine Spur höher. Da macht es mir auch nichts aus, wenn bereits am frühen Morgen im Büro der Teufel los ist, was ich dann entsprechend auf eine lockere Weise zu meistern weiss. Also nach Arbeitsschluss ist vor der Arbeit, denn so ein Festival kann schon mal streng sein. Ich kann zwar noch nicht von Erfahrung sprechen, denn für mich ist die Rocknacht Tennwil erst mein zweiter Besuch. Früher hat es einfach immer Terminüberschneidungen gegeben, die ich jetzt aber elegant zu umschiffen weiss. Aber in Tennwil habe ich im letzten Jahr schon viele Freunde getroffen und werde es wohl auch in diesem Jahr wieder. Streng auch deshalb, weil heute noch ein wichtiger Punkt in der Vorbereitung ansteht, das Beschaffen von genügend Schnupftabak, nicht dass die Reserven dann auch noch ausgehen. Was früher bei der fotografierenden Zunft noch die Filmrollen waren, hat sich die Priorität nun ein wenig verlagert. Also mal ganz kurz Fotorucksack ins Auto laden, Schnupftabak in die Hosentaschen und den Sohnemann auf den Beifahrersitz und los geht es in Richtung Tennwil. Die Anfahrt, obwohl zur Feierabendzeit, geht überraschend gut und nach rund 50 Minuten stelle ich mein Auto auch schon auf die Parkwiese und ab ins Festzelt. Drinnen angekommen und keine 5 Meter gelaufen, schon der erste Griff in die Hosentasche und die Hand an die Nase, so geht Begrüssung. Da ich genügend früh vor Ort bin, beginnen auch schon die ersten Gespräche und ich mache mich schon einmal bekannt mit der Getränkeliste an der Bar. So langsam trudeln dann auch immer mehr Leute ein und das Zelt füllt sich zunehmend.

Pünktlich um 19:00h legen Voltage Arc los und beginnen ihr 45 Minuten Set. Für mich ist es das erste Mal, dass ich die Band live vor meiner Linse und Augen habe. Der Spannungsbogen (diese Wortspielerei musste jetzt einfach sein) ist deshalb schon ziemlich hoch. Ich habe im Vorfeld schon einiges gehört, dass die vier Jungs mit ziemlicher Energie zu Werke gehen. Ich finde es auch immer wieder geschickt, wenn ein Festival von einer einheimischen Band eröffnet wird. Bei Voltage Arc ist die Anreise sogar sehr kurz, theoretisch hätten sie über den See schwimmen können und wären schon vor Ort gewesen. So hat die Band aus Beinwil am See auch ab dem ersten Ton ein ziemliches volles Festzelt vor Bühne versammelt. Dies überträgt sich auch sofort auf die Bühne versetzt Toni und Co zusätzliche Adrenalinschübe. Ich habe schon davon gehört und auch schon Videoclips aus früheren Liveauftritten von Voltage Arc gesehen, deshalb bin ich jetzt nicht sonderlich überrascht als Sänger Toni auch noch das Schwyzerörgeli hervorholt und seine Flankenmänner Merlin und Moritz die Schweizer Fahne schwingen. Das ist Swissness pur und sorgt für weitere Begeisterungsstürme im Publikum. Ein kleines Gimmick mit grosser Wirkung und ein cooles Alleinstellungsmerkmal, muss unbedingt beibehalten werden, egal wie gross die Band einmal werden wird. Und sie haben durchaus das Potential für weitere grosse Schandtaten. Ich frage mich dann nur wie sie diese Energie auf der Bühne auch über 90 Minuten aufrechterhalten können. Bei mehr Gigs dürften sich den Gang ins Fitnessstudio allerdings bestimmt erübrigen. Ein kurzweiliges Konzert geht zu Ende und die Zugabe wird lautstark gefordert. Und es gibt sie unter Einbezug des Publikums. Denn die Band steht komplett am Bühnenrand, erneut mit dem Schwyzerörgeli bewaffnet, und lässt das Vogellisi vom Stapel. Ein Einstieg nach Mass in die Rocknacht Tennwil.

Mit Graywolf steht zweite Band aus der Schweiz steht in den Startlöchern. Graywolf sind innerhalb nur wenigen Monaten zu einer festen Grösse in der Schweizer Musiklandschaft geworden. Das Debütalbum erntete gut Kritiken und konnte sich sogar im Sommer auf den beachtlichen 21. Platz der Schweizer Hitparade positionieren. Kein Wunder, wenn man die Personalliste der grauen Wölfe anschaut, es ist schon etwas wie eine kleine Supergroup der Schweiz. Ein bisschen verwundert bin ich dann schon, als ich dann am Bass Joey Roxx (Mystic Prophecy) auf der Bühne entdecke. Hat es etwa schon wieder einen Wechsel am Tieftöner gegeben. Nein, Joey springt heute ein und liefert den Teppich zusammen mit Schlagzeuger Steve. Apropos springen, die Wölfe sind in der Schweiz gemäss einigen Landwirten, ja nicht unbedingt gern gesehene Gäste auf der Schafsweide und man möchte sie eher zum Fall bringen als sie dulden. Und Fall ist genau das zweite Stichwort, erst fällt Sänger Kevin schon mal hin auf den Brettern, die die Welt bedeuten, dann aber erwischt es auch noch Joey. Tags darauf auf den sozialen Medien sieht man dann, wie übel es sie erwischt hat. Auf alle Fälle muss sie den Gig humpelnd und bestimmt unter Schmerzen beenden, mein Respekt hat sie hier verdient. Sonst aber hat das Wolfsrudel die Schafsherde voll im Griff. Ich sehe Graywolf heute auch zum ersten Mal live und muss gestehen, sie gefallen mir definitiv besser als auf Platte. Es zeigt sich einfach wieder einmal mehr, dass die Energie eines Livekonzertes nicht auf Tonträger, oder nur sehr schwer, zu bannen ist. Endlich habe ich zudem wieder einmal ein Megafon live gesehen.

In der Natur würde wohl eher der Wolf hinter dem Zebra herjagen als umgekehrt. King Zebra «vertreiben» heute jedoch Graywolf von der Bühne. Und legen nach einem kurzen Intro auch gleich mächtig los. Es gibt heute auch ein längeres Set als noch vor Monatsfrist am Murtensee, dafür ist die Bühne etwas kleiner. Was aber bleibt ist der unglaubliche Spielspass, der mir von der Bühne her entgegenweht. Und dieser ist einfach nur ansteckend, ich erwische mich immer wieder, wie ich selbst mit der Kamera in der Hand mit dem Fuss mit wippe, Textzeilen mitsinge. Kurz gesagt, ich liebe King Zebra und ihre Songs einfach. Es ist schnörkelloser Hard Rock, geradlinig und ohne grossen Firlefanz und genau so mag ich dies. Auch wenn die Songs alle schon ein bisschen älter sind, begeistert es mich immer wieder, jedes Mal. Sobald Eric St. Michaels ans Mikro tritt, bin ich wieder gefangen vom Songmaterial der Zürcher. Zu meiner Schulzeit, was ja auch schon ziemlich lange her ist (ja ich werde langsam alt), hatten wir einen Kleber auf fast jedem Etui kleben mit der Aufschrift «Aktion saubere Innerschweiz, juhui ich bin kein Zürcher». King Zebra hingegen würde ich jede einzelne Sekunde bei uns in der Innerschweiz begrüssen wollen. So verfliegt die die Auftrittszeit wieder wie im Fluge und ich begebe mich in den Backstagebereich. Ja ich habe an diesem Festival das Privileg, mich dorthin zu bewegen, danke Rocknacht Tennwil. Dort darf ich King Zebra erneut für einen astreinen Gig gratulieren, der zwar ein paar technische Startschwierigkeiten hatte und Ben auch einen Snare Teppich demontierte, aber sonst einfach nur geil war.

Wir habe jetzt schon drei Konzerte von drei Schweizer Bands gehört. Jedes einzelne Konzert hat mir gezeigt, was für eine starke Rockszene wir hier in unserem kleinen Land haben. Eine Szene, die es auch immer wieder schafft, ein Werk auf die vordersten Positionen in der Hitparade zu hieven, wie zuletzt Seraina Telli mit ihrem zweiten Werk. Von den drei Bands, die bisher spielten, sind Graywolf und King Zebra in den Charts gewesen, bei Voltage Arc ist es vermutlich eine Frage der Zeit, bis auch sie dort anzutreffen sind. Am Samstag spielt mit Fire Rose eine vierte Band an der Rocknacht Tennwil. Auch sie stehen zum Zeitpunkt ihres Auftritts auf Platz 7 in der Hitparade. Wären aber solche Festivals wie die Rocknacht Tennwil nicht da, natürlich auch viele andere, würde sich niemand hier in der Schweiz um solche Künstler kümmern und ihnen die Möglichkeit geben, ihr Schaffen zu präsentieren. Das Problem ist hier aber so angesiedelt, dass das Zielpublikum zwar vorhanden ist, aber der sonst vielleicht offene Musikbegeisterte, kaum Berührungspunkte bekommt mit den Bands. Weil er sich in der normalen Lokalradioszene oder unseren «staatlichen Sendern zuwendet. Auch hier gibt es Ausnahmen wie Argovia Classic Rock, übrigens Moderator DJ Lupi sorgt am Samstag hier wieder in der Umbaupause für die passende Unterhaltung ab Konserve. Was mich dann aber richtig stört ist, das einen Tag vor dem Startschuss der Rocknacht Tennwil, Radio SRF3 einen Schweizer Tag hat und nur Schweizer Musik spielt. Dabei aber «unsere» Szene chronisch ignoriert wird und ausser den üblichen Verdächtigen wie Krokus und Gotthard nicht gespielt wird. So, dies musste jetzt einfach raus, auch um die grossartige Förderung von Schweizer Handwerk an der Rocknacht Tennwil zu huldigen.

Grossartige Musik steht auch weiterhin auf dem Programm, auch wenn es schon die letzte Band des heutigen Abends ist. Firewind laden ein zu einem Power Metal Feuersturm. Der Sturm ist so gewaltig, dass sich sogar der Nebel von der Bühne verzieht. Der Mann an der Nebelmaschine hat nun wohl Pause, sehr zum Wohlgefallen von mir, denn so gibt es auch einmal ein vernünftiges Bild des Schlagzeugers. Der Nebel war zuvor teilweise so dicht, dass ich schon vors Festzelt ging, um zu schauen, ob er von Hallwilersee kommt. Spass beiseite, ja es war neblig trägt aber auch dazu bei, dass die Lichtshow eine Spur besser zur Geltung kommt. Gitarrist Gus G. muss ja wohl nicht mehr vorgestellt werden, dass er in einer eignen Liga spielt und auch heute Abend zeigt, wieso er zu den Besten seines Faches gehört, steht wohl auch nicht zur Diskussion. Was er auf den sechs Saiten hext, ist Magie pur. Zudem beherrscht Gus G. die Kunst seine Arbeit immer in den Dienst der Lieder zu stellen. Mit Herbie Langhans, der noch vor Jahresfrist mit Radiant hier auftrumpfte, hat er auch seit rund drei Jahren den richtigen Schreihals zur Seite. Wahnwitzig aber ist definitiv auch Schlagzeuger Johan Nunez. Ich habe ihn beim Warmspielen im Backstagebereich gesehen und ihn bei seinen Dehnübungen beobachtet. Nun weiss ich auch wieso, der Bursche ist ein Derwisch hinter der Rumpelkiste. Die Setlist gleicht einem Streifzug durch die Schaffensperiode und bedient sich bei sieben Alben des Griechen. Ich krieg zwar nicht alles mit, da mein Sohnemann nach einem anstrengendem Studientag so langsam aus den Socken kippt. Ein Blick in die Setliste hat mir aber verraten was nach «Destiny is Calling» noch kommen soll. Denn dieser Song ist der Schlusspunkt für mich am heutigen Abend, da ich keine Lust habe, meinen Sohn zum Auto runterzutragen und ich keinen Sackkarren erblickt habe. Ist aber auch nicht ganz so schlimm, ich habe schliesslich Firewind nicht zum ersten Mal gesehen.

Nach der kurzen Nacht im eigenen Bett, fängt der Samstag schon einmal sehr gediegen mit einem Brunch an. So eine Stärkung kann man natürlich gut gebrauchen, denn die Rocknacht Tennwil geht ja heute in die zweite Runde und es warten ja wieder einige richtig hochkarätige Bands darauf das Publikum zu begeistern. Ein bunter Stilmix ist zudem angesagt, von Power Metal über Kick Ass Rock hin zu Classic Rock und leicht progressiv angehauchtem Rock. Heute ist alles dabei und jeder wird etwas vom Kuchen bekomme. Erst aber muss ich ja noch nach Tennwil fahren und die wird dank einem ganz komischen Autolenker aus dem Kanton Luzern etwas abenteuerlich. Naja, da bleibt mir eigentlich nur ein gepflegtes Kopfschütteln übrig, es gibt halt komische Typen auf der Welt und es gibt die Metalheads. Mehr als pünktlich bin ich dann, erneut mit Sohnemann, bei der Zeltplanen Öffnung vor Ort. So bleibt doch auch noch genügend Zeit, um sich mit Freunden zu unterhalten, etwas zu trinken und auch den einen oder anderen Schnupf zu geniessen. Lumi hat schliesslich eine ganze Auswahl mit dabei, die müssen ebenfalls alle probiert werden, was zwar nicht gelingt, man bleibt dann doch bei einer Sorte hängen.

Rechtzeitig noch die Kameras umschnallen, um dann pünktlich vor der Bühne zu stehen, ist dann doch noch eine Herausforderung, verwickelt man sich doch zu sehr ins Gequatsche. Aber ich schaffe es, auf den ersten Ton von Fire Rose im grosszügigen Graben zu sein. Fire Rose, ich habe es in diesem Bericht schon erwähnt, befinden sich aktuell mit ihrem grandiosen Album in den Schweizer Charts. Die Plattentaufe hat unlängst stattgefunden und die Kritiken zum neuen Album sind durchwegs positiv. Zudem ist der Konzertkalender für den Rest des Jahres ziemlich voll. Da geht es einerseits mit Jaded Heart und andererseits mit Nazareth auf Reise. Ein Festival hingegen hat komplett andere Gesetze als eine komplette Tour, aber auch diese Hürde wird meisterhaft bewältigt. Die Jungs um Frontmann Philipp Meier, der jederzeit das Szepter in der Hand hat, schaffen es, das Publikum die Nachwehen der letzten Nacht zu vergessen. Der Rest der Band ist ebenfalls dauernd in Bewegung und wechseln die Seiten, so dass jeder, egal wo er steht die einzelnen Musiker vor Gesicht bekommt. Als ich mich auf der Bühne bewege um vom jüngsten Zugang, dem Schlagzeuger Simon Sutter, durch den Bühnennebel auch noch ein paar Fotos hinzukriegen, treffe ich Marco Pastorino an. Er verfolgt Teile der Show vom Monitormix aus und nickt sehr positiv und meint zu mir, dass er das Gebotene ziemlich gut finde. Genau das finde ich auch, die anstehenden Konzerte könnten also durchaus die Erfolgsgeschichte Fire Rose noch zusätzlich befeuern.

Bei der nächsten Band merkt man, dass es eine Herzensangelegenheit von Booker Urs ist. So erklärt er, dass er die letzte CD, die Fallen Sanctuary veröffentlicht hat, bereits seit acht Monaten besitzt. Ich weiss nicht, ob Fallen Sanctuary jemals als «richtige» Band angedacht war, oder ob es ein Projekt hätte sein sollen. Auf alle Fälle ist es mehr als richtig, diese Band auf die Bühne zu schicken. Natürlich dreht sich auf der Bühne alles rund um Mauro Pastorino (Temperance) und Georg Neuhauser (Serenity, Warkings), die beide unentwegt ein verdammtes Dauergrinsen im Gesicht haben und es sichtlich geniessen was da vor ihnen abgeht. Genau dieses Dauergrinsen in Verbindung mit ihren Hymnen ist extrem ansteckend. Ich habe auf jeden Fall keinen gesehen, der einfach nur dastehen konnte. Zudem witzelt Georg auch noch unentwegt rum, der den Booker gerne als sein persönliches «Schläckstängeli» betitelt und dann rausfindet, dass es ja nur ein ordinärer Lutscher ist, oder er seine Mannschaft auf der Bühne durch die Mangel dreht. So müssen Auftritte gehen, genau so wird eine Live-Ambiance geschaffen die einem hängen bleibt und seine Zuschauer dazu bewegt eine Band unbedingt noch einmal zu sehen. Die Zeit verfliegt wie im Fluge und ich kann es kaum fassen, dass Fallen Sanctuary auch schon wieder die Bühne verlässt. Jedoch nicht einfach so, sondern sie setzen mit «Broken Dreams» als Abschluss auch noch einen verdammten Ohrwurm ab, denn man kaum mehr loswird.

Vor einigen Jahren schon traten StOp sToP! an gleicher Stelle auf und hinterliessen damals einen bleibenden Eindruck. Ich war damals zwar noch nicht dabei, aber ich bin gespannt was da kommt und weshalb man die Band aus Spanien bietet. Sie wohnen zwar nicht mehr in Spanien, haben vor ein paar Jahren alle ihre Ersparnisse zusammengekratzt und sind nach England gezogen, um dort anfangs sich auf der Strasse durchzuschlagen und im Bandbus zu pennen. Dies härtet ab und schweisst auch ungemein zusammen und man merkt dem Trio an, dass sie eine perfekte Einheit darstellen. Extravagant ist auch ihr Äusseres, mich beeindruckt vor allem die Frisur von Schlagzeuger Danny. Da braucht es kein Dreiwetter Taft, dass die Frisur hält. Und sogleich geht es in die Vollen, Kick-Ass Rock ‘n’ Roll ist angesagt, kaum eine Verschnaufpause wird eingelegt. Nach einem kurzen Drumsolo schnallt sich Danny dann auch noch die Snare wie ein Tambour um und angeführt von Jacob verlässt die Band flugs zu «Knockin’ On Heavens Door» und «So Lonely» die Bühne und ab in die Menschenmenge. Kurze Zeit später tauchen sie dann wieder auf. Nein, nicht auf der Bühne, sie entern mal kurz das FOH, als den Platz am Mischpult und spielen einfach mal dort weiter. Die Senderreichweite ist wohl kurz vor Empfangsende, so knarzt es doch hin und wieder etwas aus dem Beschallungssystem, aber es ist live, es ist Rock’n’Roll und es ist geil. Die Euphorie auf alle Fälle ist hoch, als sie sich den Weg wieder zurück auf die Bühne bahnen. Abschlussfoto ist vor allem für die Tochter des OKPs denkwürdig, so wie mir Thomas danach noch mitteilt und die Geschichte dazu erzählt.

Eine kleine Abenteuerreise hat auch Dino Jelusick (ich bin mir nie sicher, ob er sich nun auch so schreibt, oder noch Jelusić) und seine Mannschaft hinter sich. Steckte er doch in Italien in einem massiven Verkehrschaos fest, so dass er es gerade noch so auf Platz schaffte. Sprich erst als StOp sToP! bereits auf der Bühne stehen, schafft es der Ausnahmesänger nach Tennwil. Glück gehabt, aber der Notfallplan wäre auch schon parat gewesen, wie ich zwischenzeitlich erfahre. So aber alles im Lot, es reicht zwar für keinen Soundcheck und da er seinen eigenen Mischer dabeihat, ist gerade am Anfang des Sets, nicht alles ganz in der gewohnten Qualität, bis sich der Mann an den Regler zurechtgefunden hat. An der technischen Qualität der Musiker hingegen gibt es rein gar nichts auszusetzen, in meinen Ohren vermutlich sogar die versiertesten am ganzen Festival. Was vor allem Luka auf dem Bass zelebriert, schmeisst bei mir, der auch ein wenig Bass spielt, die Kinnlade auf den Boden klatschen, ganz grosses Kino. Bei Jelusick wird sogar eine kleine Pyroshow abgefackelt, es gleicht zwar mehr ein paar 1. August Vulkanen. Mehr geht ja auch nicht, schliesslich sind wir in einem Zelt und da, kann unmöglich mit Gasflammen um sich gefackelt werden. Auf die Vulkane hätte man aus meiner Sicht auch gerne verzichten können. Aus Animal Drive Zeiten kennt man ja auch noch den Roxette Klassiker «The Look». Ich hätte zwar auf diesen Song verzichtet und eher eine Whitesnake Klassiker gebracht, nachdem Dino auch bei Herrn Coverdale aushilft. Dann, auf einmal wird die Rocknacht Tennwil Zeuge eines magischen Moments. Auf der Bühne tummelt sich auf einmal Ronnie Romero rum und singt zusammen mit Dino und Band den Deep Purple Klassiker «Burn». Dieser Moment bleibt wohl noch lange hängen. Die Energie auf der Bühne ist aber auch nach dieser 13-stündigen Anreise der Band durchwegs sehr hoch. Auch erklärt mir Dino im Anschluss an das Konzert hinter der Bühne, dass er gesundheitlich angeschlagen ist und fast ohne Stimme auf die Bühne gegangen ist. Übrigens ein sehr sehr sympathischer Zeitgenosse, dieser Dino. Ich hatte die Ehre ein paar Minuten zu plaudern und ich habe ihn richtig liebgewonnen in diesen Minuten. Ein sehr grosser Sänger, der mit seinen jungen Jahren schon viel erreicht hat, und noch mehr erreichen wird und es nicht für selbstverständlich sieht. Auch auf der Bühne erwähnt er immer wieder seine Band, obwohl sein Name auf dem Backdrop hängt, ist es eine Band und nicht sein Soloding. Auch lässt er immer wieder seinen Mitmusiker Platz sich präsentieren zu können. Übrigens, was für ein Bass Solo von Luka. Ich glaube man kann es lesen, mich begeistert dieser Auftritt auf der ganzen Länge, aber auch der geht halt einmal zu Ende.

Auch die Rocknacht Tennwil 2023 neigt sich so langsam dem Ende zu. Einer muss noch auf die Bühne. Einer der in der Schweiz ab 2017 für Furore sorgt. Damals tauchte Ronnie Romero auf einmal im Line-up der neuen Band CoreLeoni auf und hauchte den alten Gotthard Songs neues Leben ein. Ronnie kam zwei Jahre zuvor, 2015, schon zu der Ehre bei Rainbow auf breiter Ebene international bekannt zu werden. Es folgen unzählige Kollaborationen mit anderen Rockgrössen. Selbst am ESC trat der Chilene, der mittlerweile nach Rumänien übergesiedelt ist, für Rumänien auf. Internationaler geht es wohl kaum. Nun ist er wieder zurück in der Schweiz und sorgt mit seinen Stimmbändern in Tennwil für Furore. Im Gepäck sein neues Soloalbum «Too Many Lies, Too Many Masters». Er macht mit «Stand Up And Shout» auch gleich mal klar, dass es keinen aktuellen Sänger ausser ihm gibt, der wohl dem allmächtigen Ronnie James Dio, das Wasser reichen kann. Es folgen noch mehrere Songs, die von seinem Vornahmesvetter Dio gesungen werden, aus den Phasen bei Rainbow und Black Sabbath. Auch tauchen im Setlist sonst noch einige Coverversionen auf. Und genau dies ist das Problem, welches ich aktuell noch mit Ronnie Romero habe. Er ist ein begnadeter Sänger mit einer Stimme, die seinesgleichen sucht. Aber solange er immer noch einen Grossteil seines Sets mit Coverversionen füllt, wird er den Zusatz «der Sänger von» einfach nicht los. Seine vier Songs aus seinem letzten Album zeigen, dass er durchaus im Stande ist, Songs zu schreiben, die sich nicht zu verstecken haben. Aber es braucht wohl einfach noch zwei bis drei weitere Alben, bis er in der Eigenständigkeit angekommen ist um auch als Soloartist seine richtigen Duftmarken platzieren kann. Ein weiterer Vornamensvetter hat dies in letzter Zeit vorgemacht, wie es gemacht wird, Ronnie Atkins. Er platziert zwar auch Covers seiner Stammcombo ins Set, aber den Schwerpunkt machen seine Solosachen aus. Ist bei Ronnie Romero jetzt zwar jammern auf sehr hohem Niveau, bei dieser Stimme sowieso, zudem ist er auch ein sehr umgänglicher Zeitgenosse neben der Bühne. Mit einem souveränen Auftritt einer souverän agierenden Band, geht nun also die Rocknacht Tennwil zu Ende. Die Vorfreude auf die 15. Ausgabe des Festivals ist aber bereits jetzt schon gross. Deshalb muss der 20. Und 21. September 2024 in der Agenda schon fett markiert werden.