Ich hör den Spruch immer wieder; das ist doch nicht Metal, oder irgendetwas in diese Richtung, wenn ich mal wieder eine neue Band entdecke die mich begeistert. Und ich bin sicher, genau so etwas in der Art habt ihr sicherlich auch schon gehört. Meiner Meinung nach ist Nicht-Metal-Sein am meisten Heavy Metal von allem, und Du kannst gar nicht mehr Metal sein, als nicht Metal. Ich bin mir sicher Du denkst Dir jetzt, das macht doch gar keinen Sinn. Aber lass es mich nun mal erklären. Viele dieser Heavy Metal Alpha Tiere sind doch ziemlich ähnlich den Möchtegern Alpha Männern. Du kennst diese Typen, sie versuchen so hart wie Stein zu sein, prahlen mit ihrer Männlichkeit, und zeigen allen stärker zu sein als sie eigentlich je sein können. In den meisten Fällen verdrängen und verstecken sie sich hinter einer Fassade, weil sie Angst haben unmännlich und schwach zu sein. Genau das gilt doch auch für solche Metal Alpha Tiere, wie zum Beispiel Joey De Maio.
Ich habe es am letzten Wochenende wieder gesehen. Ich hatte nach dem Auftritt von Alice Cooper Tränen in den Augen, Tränen der Freude, einen solch geilen Auftritt noch mitzuerleben dürfen. Ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt als mehr Heavy Metal als der Rest der Welt, nur schon weil ich es zuliess mich begeistern zu lassen, auch auf der emotionalen Ebene. Oder Five Finger Death Punch, die Optik lässt daraus schliessen, dass vermutlich viele die Strassenseite wechseln würden, wenn die Bandmitglieder des Weges kommen. Dabei habe ich in letzter Zeit noch selten eine solch sympathische Band mit soviel Spielfreude erlebt. Und wer weiss was die Jungs alles auf ihrem MP3 Spieler haben. Ich hätte ja nie gedacht, dass sie sich zum Beispiel einmal House of the Rising Sun annehmen würden. Man muss im Heavy Metal nicht immer mit 200 km/h die Autobahn entlang rasen, aggressiv sein. Der wahre Metal findet auch abseits dieser Wege statt.
Ich bezeichne mich selbst als Metalhead, schon die ganzen letzten 30 Jahre. Und ich glaube meine Freunde bestätigen dies auch. Obwohl die meisten von ihnen auch meine Nicht-Metal-Sein Art kennen. Ich habe absolut kein Problem damit auch zuzugeben, dass ich Sachen auf meinem MP3-Player habe, die so etwas von Nicht-Metal sind. Ich erinnere mich noch zurück an die 80er, als alle diese Hairmetal Bands die Charts stürmten. Manowar waren es, die sich dem True Metal verschrieben hatten, und alle anderen aufforderten; Whimps and Posers leave the hall. Es gibt sie diese Fans die Slayer, Metallica, Megadeth und so weiter hören, aber jede andere Heavy Metal Band die auch nur ansatzweise Keyboards verwenden als Bullshit bezeichnen. Sie kriegen Schüttelfrost wenn man sie mit Namen wie Poison, Warrant, Bon Jovi usw. beschmeisst. Zu meinen Lieblingsbands gehören Nightwish, Amorphis oder Skillet, mag aber auch Sunrise Avenue oder OMD. Von denen bin ich eigentlich sogar ein richtiger Die-Hard-Fan, jahrelang war es das beste Konzert überhaupt, dass ich jemals gesehen habe. Richtig, ich gehe auch auf Pop Konzerte. Leute, dies ist doch Metal, offen zu sein. Zum meinem Glück, kenne ich in meinem Umfeld ein paar solche Die-Hard-Fans die nicht so engstirnig sind.
Warum ist das Metal? Kümmert es einen Metalhead was Andere denken? Für mich bedeutet es ein Metalhead zu sein, wenn der Fan „seiner“ Band treu bleibt, und sich für deren Musik begeistern kann. Egal ob es auch mal eine Platte gibt, wie sie Paradise Lost mit „Host“ vor Jahren mal veröffentlicht hat. Die war näher an Depeche Mode als an Paradise Lost. Aber wenn ich einer Band meine Aufmerksamkeit schenke, dann lese ich auch deren Interviews und versuche ihre Beweggründe zu verstehen, weshalb sie genau eine solche stilistische Weiterentwicklung angestrebt haben. Ebenso verhält es sich beim Wechsel von Bandmitgliedern. Ich hab mich selbst erwischt als meine Lieblingsband schon wieder die Sängerin austauschten. Die Beweggründe dazu verstand ich ja, aber ich hatte anfänglich extrem Mühe mich mit Floor Jansen anzufreunden. Diese Zweifel sind aber nun verschwunden. Gerade bei Nightwish hör ich es ja immer wieder, dieses Tarja Geschrei. Und jetzt, verdammt, die Band hat sich von einer Weltklassesängerin getrennt, na und. Wer damals die Interviews gelesen hat, versteht die Gründe. Und wer sich die Solosachen von Tarja anhört, versteht ja hoffentlich auch, wer sie zu dem machte, die sie zu geben versucht, nämlich Nightwish, resp. Tuomas. Also bleib ich doch der Band treu, die mir eine völlig neue Welt des Metals eröffnete. Tom Hunting, Schlagzeuger von Exodus mag zum Beispiel Journey. Umgekehrt Kip Winger mag die alten Sachen von Metallica. Beides hat mit ihren Bands überhaupt nichts am Hut. Wenn das nicht Metal ist, was dann?
Ich glaube aber auch, dass Metalheads die weltoffensten, gutherzigsten und leidenschaftlichsten Personen sind die es gibt. Ich kenne Metalheads, die mir erklären wie sehr sie die übelsten Black Metal Sachen lieben die ich kenne, aber bei ihrem klassischen Lieblingskomponisten ins Schwärmen kommen. Leute die an Metalkonzerten an vorderster Front den Kopf schütteln, und trotzdem zu Helene Fischer gehen.
Also Nicht-Metal-Sein ist absolut Metal. Es ist kein Zeichen von Schwäche oder Verletzlichkeit, wenn man zu seinen Lieblingsbands steht. Auch nicht wenn es Depeche Mode und Slayer gleichzeitig sind. Ich muss mich nicht verkleiden nur um in dieses Schema reinzupassen, welches die ganze Welt von einem Metalhead erwartet. Deshalb mein Appell an alle Möchtegern Metal Fans; steht zu Euren Bands, nicht die Fahne im Wind spielen, nicht den harten Kerl raushängen, bleibt Euch selbst und lasst auch mal Begeisterung und Gefühle zu, und ihr werdet sehen, das ist METAL. In diesem Sinne gehe ich jetzt und schmeiss mir eine Roxette CD rein, die mag ich nämlich auch.