Vor nicht langer Zeit hat Herman Frank (ex-Accept / ex-Victory) in einem Interview erwähnt, er würde liebend gerne einmal am Ice Rock Festival in Wasen im Emmental auftreten. Zu diesem Zeitpunkt stand das Line-Up für die 15. Jubiläumsausgabe jedoch weitestgehend schon. Dieses coolste Rock Festival seit es Schnee gibt machte in diesem Jahr auch dem Namen richtig Ehre, es war eisig, selbst der Begriff frostig reichte da nicht mehr. Es herrschten kalte Temperaturen auf dem Festgelände, es waren Temperaturen von -15°C vorausgesagt.
Das Ice Rock hatte ich schon länger auf dem Radar, pilgerte aber in diesem Jahr zum ersten Mal ins Emmental. Bisher fand bei mir an just diesem Wochenende meist unser traditionelles Skiweekend unter Freunden statt. Aber heuer sollte es klappen, zumindest für zwei Tage bezog ich mein Domizil in Sumiswald. Und was sich Fridu und Marco an Bands da alles unter den Nagel reissen konnten, war wirklich allererste Sahne. Es war eine sensationelle Mischung aus altbekannten Bands, selbst mir unbekannten Namen und auch einheimisches Schaffen durfte sich auf der Bühne präsentieren.
Rechtzeitig zum Konzertbeginn von MAD SOX traf ich in der Halle ein, dank eines sensationellen Shuttlebusbetriebes musste sich auch keiner Gedanken machen, wie er den zum Platz des Geschehens kam. Die aus Solothurn stammenden MAD SOX wurden bereits 1992 gegründet, dass ich bisher noch nie was von ihnen gelesen oder gehört habe, kann ich mir nur so erklären, dass diese Stilrichtung jahrelang an mir vorbeiging. Geboten wurde kraftvoller Crossover der Marke Clawfinger oder Machine Head. Vor fünf Jahren stiess mit Pascal Meister ein neuer Sänger zur Band, der MAD SOX perfekt anführte. Starke Hip-Hop Einlagen, starke Basslinien von Martin Ryffel, ein Gitarrenduo (Matthias Freiburghaus / Lorenzo Meister) welches die Riffs nur so durch die Anlage schmettert, getrieben von den Grooves Schlagzeugers Mike Sutter. Ich stand da, und hab mir nur gedacht, woah, wie konnte Dir diese Band nur durch die Lappen gehen? Zum Schluss gab es dann noch eine fette Zugabe in Form der Pink Floyd Nummer Another Brick in the Wall, und ich hatte mein Lächeln schon fest im Gesicht. Die Band tritt übrigens am 10.01.2017 in Aarburg auf, vorbeischauen lohnt sich.

Weiter ging es mit den von Fridu als Nordtiroler angekündigten SERENITY. Als Liebhaber von symphonischem Rock wusste ich natürlich auch hier wo mein Platz war….. zuvorderst selbstverständlich. Mit fünf Studioalben im Gepäck ist man auch perfekt ausgerüstet für die nächsten 90 episch monumentale Genussminuten. Der überaus sympathische Frontmann Georg Neuhauser hatte die Bühne zusammen mit seiner Band komplett ausgefüllt. Zu ihm gesellten sich mit Tasha auch die weibliche Gaststimme von SERENITY, die immer wieder Live und im Studio aushilft. Und sie war in jedem Fall ein Blickfang heute abend, mit ihrem konstanten Lächeln untermauerte sie aber auch die Spielfreude der Band. Ebenfalls als Gastmusiker war heute Franz-Josef Hauser mit von der Partie, diesen Part als Gast-Keyboarder hat er mittlerweile schon seit 10 Jahren inne. Desweiteren in der Band Gitarrist Chris Hermsdörfer, Schlagzeuger Andreas Schipflinger und am Bass Fabio D’Amore. Geboten wurde hochstehender Symphonic Metal in einer schon erwähnten Spielfreude der Österreicher (sorry Nordtiroler), bei der es einem nicht nur bei den Balladen wie warm ums Herz wurde, und die Kälte schnell vergessen lies. Fridu, das isch öppis gsi, das war was. Nicht einen Moment hab ich mich davon abbringen lassen, den Weg von der Bühne nach hinten anzutreten, obwohl mich der Hunger plagte. Ich wollte einfach keine Sekunde verpassen. Diese 90 Minuten Spielzeit vergingen wie im Fluge. Zum Schluss wurde noch mit Fairytales ein Song gespielt, der nicht einmal auf der Setlist zu finden war. Naturgemäss supportet man das aktuelle Album, so auch SERENITY, die acht Nummern des sackstarken Codex Atlanticus ablieferten, wenn man das Intro mitzählt. Cool habe ich nach dem Gig noch ein paar Musiker von SERENITY im Publikum angetroffen, die mir auch freundlich die CD noch signierten.

SERENITY – Setlist

  1. Intro Codex Atlanticus
  2. Follow Me
  3. Sprouts Of Terror
  4. Royal Pain
  5. Iniquity
  6. My Final Chapter
  7. The Perfect Woman
  8. Rust Of Coming Ages
  9. Heavenly Mission
  10. Spirit In The Flesh
  11. Reduced To Nothingness
  12. Legacy Of Tudors
  13. Serenade Of Flames
  14. Caught In A Myth
  15. Velatum
  16. Fairytales

Danach ging es rustikaler mit XII GALLON OVERDOSE weiter. Diese rifflastige Hard Rock Kombo kommt aus Winterthur und ist an Energie fast nicht zu übertrumpfen. Was vorallem Gitarrist Sascha „Sash“ Simic und Sänger Andi „Z“ Zopfi auf die Bretter legen ist unglaublich. Entweder war ihnen so kalt und sie waren noch nicht aufgewärmt, oder die beiden hatten die Batterien neu aufgeladen. Egal, dass nenne ich Fucking Kick Ass Rock’n’Roll, das hat Eier, das hat Power. Wer hier stehenblieb hatte Blei an den Füssen oder war einfach festgefroren. Die Band selbst wurde 2013 gegründet und legt zur Zeit ein kleinen Siegeszug hin. Emergenza Finale (Sieg für die beste Performance und Bühnenpräsenz) oder auch Vorband bei Status Quo im Hallenstadion zeugen von den unheimlichen Qualitäten des Fünfers. Wer soviel Adrenalin auf die Bühne bringt, dem feiert auch das Publikum entsprechend zu, und ich bin mir sicher der Weg von XII GALLON OVERDOSE ist noch lange nicht zu Ende. Soviel Glaubwürdigkeit und Engagement habe ich schon lange keiner Band mehr abgenommen, und wer auf Rock der Marke Airbourne steht sollte sich echt einmal bei einem Konzert von ihnen anstecken lassen.

Nach dieser Livegranate musste aber auch ich einmal verschnaufen, und der Alkohol tat sein übriges dazu. So bekam ich leider von Excelsis nicht gerade viel mit. Somit wäre es auch nicht sehr objektiv wenn ich über die Vorreiter der Helvetic Folk Metal Szene etwas schreiben würde. Ich werde mir die Band aber bestimmt noch irgendwann, irgendwo einmal live reinziehen gehen. Gefallen mir doch gerade diese Folk Metal Bands ziemlich gut, und wer dann auch teilweise noch in Schweizer Deutsch Schweizer Geschichte wiedergibt, sollte doch schon fast zum Schulunterricht eingeladen werden.

Nach einer ausgezeichneten Nacht in einem ausgezeichneten Hotel geht es bei ein paar Minustemperaturen mehr, wieder zum Festplatz des Ice Rocks. Diesmal eigentlich mit dem Hintergedanken, wohl ein paar Minuten mehr am Lagerfeuer vor dem Zelt zu stehen. Den es war doch arg kalt geworden. Ich kenne da einige Personen, die haben sich mit Wärmepads für Füsse und Hände ausgerüstet um den Frostbeulen aus dem Weg zugehen. Wie ich vernommen habe mit Erfolg. Aber eben es heisst ja auch Ice Rock, und es ist Winter, und der ist ja auch endlich gekommen in Form von Schnee. Nur mit dem Aufenthalt am Feuer wurde es heute auch nicht gerade etwas. Heute Freitag waren auch schon ein paar Leute mehr auf dem Areal als noch am Donnerstag. Selbst Damian Wilson von Threshold, der erst am Samstag auf die Bühne muss, liess sich schon ganz zuvorderst am Bühnenrand nieder.
Also mit den Hintergedanken, ein paar Minuten mehr am Feuer zu sein, wurde es nichts, soviel schon mal vorweg. Den pünktlich um 19:00h kam wieder Chef Fridu auf die Bühne und erklärte die Spielregeln. Nur um kurz darauf SKANSIS aus dem Emmental die Bühne zu überlassen. SKANSIS hatten also definitiv die kürzeste Anreise. Die längste hatte übrigens ein Fan aus Australien, der sich beim Ice Rock Festival unter die Gäste mischte. Somit aber dürfte sich, im Gegensatz zum Austalier (die haben ja Sommer), die Band um Frontmann Reto Reist auf die klirrende Kälte eingestellt haben. Gegründet wurde die Band bereits im Jahr 2000 und haben schon beim allerersten Ice Rock auf der Bühne gestanden. Für mich waren SKANSIS die Entdeckung des Festivals. Vorallem der Gitarrensound von Beat „Bax“ Heiniger war für mich absolut brilliant. Knackie Solos, harte Riffs und dauernd eine krass hohe Melodiedichte. Gut zu wissen, dass Bax vom Sound als Produzent auch so einiges versteht, der war echt was vom Besten. Dazu gesellt sich die Hammerstimme von Reto, die im Chor herrlich durch die hohen Passagen von Bassist Markus Grimm ergänzt wurden. Ich war echt wie weggeblasen von den vier Berner. Das wird bestimmt auch nicht mein letztes SKANSIS Konzert gewesen sein.

Dann war die Reihe an der Melodic Hard Rock Institution JADED HEART, die nun auch schon ca. 25 Jahre auf dem Buckel haben. Dies zeugt natürlich von einer unglaublichen Erfahrung, und von Touren rund um den Globus. Die deutsch-schwedische Kombo legte auch einen Start hin als gebe es kein Morgen mehr. Ich wunderte mich mehr als einmal, wie die Burschen auf der Bühne an einander vorbeikommen und nicht in einem Zusammenstoss enden. Blickfang war natürlich Sänger Johan Fahlberg, nicht nur aufgrund seinem unglaublichen Bewegungsdrang, nein der Schwede hätte auch mit ausgestreckten Armen locker die Decke berühren können, wenn er noch ein wenig auf die Zehenspitzen gestanden wäre. Es wurde sogleich mit No Reason vom aktuellen Album losgefegt. Das Guilty By Design ein herausragendes Album ist, muss hier nicht erwähnt werden, den JADED HEART haben über die letzten Jahre eigentlich noch nie ein schlechts Album veröffentlicht. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass gleich Songs aus sechs Alben gespielt wurden. Ab jetzt spürte keiner mehr die Kälte, die draussen herrschte, den jetzt kochte der Tempel. Um aber nochmals auf die Temperaturen zurückzukommen. Es waren ja auch ein paar schwedische Musiker am heutigen Abend anwesend. Die reisten also in den Süden, und so meinte doch einer, es sei ja richtig warm hier, in Stockholm seien -20° angesagt. Nach Paid My Dues, im Original von Anastacia, war dann aber auch Schicht im Schacht von JADED HEART, die ein Hammerset abgeliefert haben.

JADED HEART – Setlist

  1. No Reason
  2. Godforsaken
  3. Run And Hide
  4. Saints Denied
  5. Justice Is Deserved
  6. Till Death Do Us Part
  7. No Waiting For Tomorrow
  8. Not In A Million Years
  9. Nightmare’s Over
  10. Love Is A Killer
  11. Remembering
  12. Schizophrenic
  13. Rescue Me
  14. With You
  15. Paid My Dues

Nach einer längeren Umbaupause war dann die für mich letzte Band am Abend an der Reihe, TREAT. Ich musste danach noch heimreisen, und hatte noch was los. Der Umbau verzögerte sich, aufgrund einiger technischen Schwierigkeiten wie mir schien. TREAT hatte einiges an eigenem Equipement bei sich, und dieses leidet leider auch immer wieder beim Transport. So kam die Backline von TREAT Gitarrist Anders Wikström nicht in die Gänge. So blieb die Boxe auf der Bühne tonlos, und dies ist für einen Musiker nicht gerade immer das optimale. Wikström blieb nur noch sein In-Ear Monitoring um sich zu hören. Da ich über die komplette Spieldauer immer direkt am Bühnenrand stand, muss ich sagen, es klang schon sehr fremd, wenn die Gitarre erst hinter mir übers PA aufs Publikum losgelassen wird. Echte Profis wie TREAT lassen sich von so etwas jedoch nicht unbedingt beirren, und starteten ihr Set mit dem Titelsong des aktuellen Albums Ghost of Graceland. Die Band spielte sich durch fast alle Werke hindurch, und da auch TREAT so einige Hits zu bieten haben, mussten einige auch als Medley hinhalten. Letztlich waren aber alle Hits dabei und es wurde ein gigantisches Mitsingkonzert. Sänger Robert Ernlund suchte auch immer wieder den Kontakt zum Publikum und forderte bei fast allen Songs zum Mitsingen auf. Aber auch er blieb von technischen Problemen nicht verschont, die Batterien seines In-Ear Systemes gaben auf einmal den Geist auf. Keine Ahnung ob es die Kälte war oder einfach vergessen wurde, neue einzulegen. Egal es tat der Stimmung keinen Abbruch. Neuzugang Pontus Egberg am Bass war der Aktivposten in der Band. Gegen Ende der Show kam Anders auch immer mehr in Fahrt, der wahrlich einen harten Job hatte heute, so ohne Backline, zudem sass auch sein In-Ear nicht immer so wie er wollte. Trotzallem, die Band kam bei mir tierisch gut an, und schickten mich mit einem glücklichen Gesicht nach Hause.
Heute versteh ich, weshalb Herman Frank unbedingt am Ice Rock spielen möchte. Dieses Festival ist so familiär und freundlich, es ist schon fast so, als wäre man im Wohnzimmer mit Freunden. Alle sind gut drauf, die Crew vom Ice Rock macht einen total entspannten Eindruck, mischen sich dauernd selber unters Volk. Man stelle sich vor, Chef Fridu, steht bei fast jeder Band vor der Bühne im Publikum und singt mit. Food ist super, das Bier schmeckt, und das Wichtigste. Fridu und Marco verstehen es, echt geile Bands ins Emmental zu locken. So schliesse ich meine Berichterstattung nun noch mit den Worten von Fridu

Isch das öppis gsi?
und ich sag
Sensationell

TREAT – Setlist

  1. Ghost of Graceland
  2. Better The Devil You Know
  3. Nonstop Madness
  4. Ready For The Taking
  5. Papertiger
  6. Do Your Own Stunts
  7. Endangered
  8. Gimme One More Night
  9. Medley (Changes / Rev It Up / Party All Over / Too Wild
  10. We Own The Night
  11. Roar
  12. Get You On The Run
  13. Conspiracy
  14. Skies Of Mongolia
  15. World of Promises