Vor etwas mehr als zwei Wochen feierte das UrRock Music Festival seine Premiere. An zwei Tagen rockte es gewaltig im Senkel in Stans. Mir war der Senkel bisher völlig unbekannt und frage mich jetzt hinterher auch weshalb den nur. Es liegt daran, dass, so wie ich feststellen musste in der Vergangenheit auch wirklich kaum Rockkonzerte stattgefunden haben, und wenn, ich davon nichts wusste, resp die Werbung für die Gigs wohl eher spärlich bis mager ausgefallen ist. Die Location zeigt sich eigentlich für Konzerte recht prädestiniert. Relativ einfach zu erreichen, Parkmöglichkeiten sind vor Ort vorhanden und stören tut man dort eigentlich auch höchstens ein paar Kühe auf der Weide. Vielleicht wird sich dies in Zukunft ja ändern, denn das UrRock hat eine richtig gute Visitenkarte abgegeben und so wie ich finde dem Senkel sicherlich zur Bekanntheitsgradsteigerung geholfen.

Das Organisationskomitee vom UrRock hat sich auch mächtig ins Zeug gelegt und eine coole Atmosphäre geschaffen. Vom mobilen Tattoostudio über den Riesensmoker mit Fleisch ohne Ende bis hin zum Cheliwagen (Cheli ist übrigens Kaffee mit gutem hochprozentigem serviert in einem Chacheli, was am ehesten wohl als grosse Tasse übersetzt werden kann) wurde ein komplettes Wohlfühlambiente geschaffen. Verdursten und Verhungern musste während den Umbaupausen auf jeden Fall keiner.

Richtig geile Bands wurden auch verpflichtet und so ging es am Freitag mit den Slowenen von Avven los. Bevor das UrRock die Band verpflichtet hatte, war mir diese Band noch gänzlich unbekannt, waren aber auf der unbedingt ansehen Liste ganz oben, nachdem ich mir auf YouTube mal einen Clip angesehen hatten. Die Band ist mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert ausgestatten wie ich finde und kombiniert gekonnt Elemente aus den verschiedenen Stilrichtungen, mitsingen konnte ich noch nicht, da die Texte teilweise auch in slowenischer Muttersprache gehalten sind, was definitiv nicht in meinem Sprachschatz vorhanden ist. Meine Erwartungen waren relativ hoch gesteckt und wurden komplett übertroffen. Für mich zählen Avven zu den Live- Entdeckungen des bald zu Ende gehenden Jahres. Ich habe mich mit den Jungs nach dem Konzert noch einige Zeit am Merchandising Stand unterhalten. Im Gegensatz zu mir haben sie den Senkel schon gekannt, denn sie waren bereits vor einem Jahr auf einer kleinen Tour hier auf der Bühne. Damals wurde auch der Veranstalter auf die Band aufmerksam und hat sie sogleich gebucht. Vorallem an dem Gedanken, dass sie die erste Band waren, die diese erste Ausgabe des UrRock Music Festivals eröffnen durften, fanden sie Gefallen. Sie hätten so Geschichte geschrieben, war ihre Meinung. Nicht nur dies, auf mich haben sie zudem noch einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Die nächste Band hatte dann Heimvorteil. Broken Fate aus dem Kanton Zürich enterten die Bühne und jagten einige melodiöse Thrash Metal Salven. Sie hatten auch schon einige gute Anzahl Fans mobilisieren können an diesem frühen Freitag Abend. Vorallem Sänger und Gitarrist Tobias war Dreh- und Angelpunkt in der Band. Durch kecke Sprüche und seine Grimassen wurde er sehr schnell zum Sympathiebolzen auf der Bühne. Eines seiner Lieblingsworte war «bööös», was im Kanton Nidwalden natürlich vom Dialekt her komplett anders ausgesprochen wird. So gab es dann noch einen kleinen Sprachkurs. Ich habe mir dann leider nicht das komplette Konzert der Band angeschaut, dies werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch nachholen. Aber schliesslich musste ich mich noch der Nahrungsaufnahme widmen. Ganz ohne Broken Fate ging dies dann zwar auch nicht vonstatten, denn die überall im überdachten Aussenbereich konnte das Konzert auf grossen Bildschirmen in Bild und Ton mitverfolgt werden, was aber dann halt doch nicht ganz das Gleiche ist wie wenn man im Saal selbst ist.

Exilia war die nächste Band auf dem Programm. Ich wusste gar nicht, dass die Italiener um Frontfrau Masha immer noch aktiv ist. Exilia hatten in den 90 Jahren mit Stop Playing God einen vertiablen Hit in der ansonsten von Grunge beherrschten Rockszene, natürlich kam dieser Song dann später auch noch zum Zug. Die Halle wurde mit fortschreitendem Abend auch immer voller und Exilia wussten gekonnt wie man das Publikum zu packen hatte und die Band selbst war auch davon begeistert wie die Halle mitrockte. Als sie dann noch die Phil Collins Nummer In The Air Tonight auspackten gab es kein halten mehr und es ging richtig ab. Das Masha auch nicht gerade bestens auf den US Präsidenten zu sprechen ist, brachte sie im Song Kill Me ebenfalls zum Ausdruck.

Unbestrittener Headliner des Abends waren dann aber die Emil Bulls. Eingeleitet durch ein Manowar Intro ging die Post für die nächsten etwas mehr als 90 Minuten ab. Klar setzen sie ihr letzjähriges Album Kill Your Demons in Szene. Die Münchner zeigten Stans was eine energiegeladene Show ist. Sänger Christoph gab auch gleich die Kampfansage für den Rest des Abend mit dem Spruch; «lasst uns die krasseste Party die dieses kleine Flecklein Erde je gesehen hat feiern» durch. Wer natürlich Songs wie Age Of Revolution, Jaws Of Oblivion, Nothing In This World oder Worlds Apart zu bieten hat, hat da natürlich leicht reden. Vorwiegend auf dem Bühnenfortsatz kniend, den Kontakt zum Publikum suchend, rockte Christoph sich durch das Programm. Die Anwesenden dankten es der Band mit einer standesgemässen Wall of Death, auch Mosh Pits wurden gebildet und mittels Crowdsurfing schaffte es auch mal Einer auf die Bühne zu den Emil Bulls. Dieses Bühnenerlebnis konnte man übrigens auch mittels Virtual Reality erleben. Neben dem Schlagzeug wurde eine 360° Kamera installiert und es wurde vor Ort ermöglicht mit einer VR Brille zu erleben wie es so ist auf der Bühne zu stehen. Ich habs ausprobiert und es war schon noch ein cooles Feeling. Gemäss dem Anbieter arbeitet man noch ein wenig an den Latenzzeiten aber die sind mir gar nicht so stark aufgefallen. Ich bin gespannt wie diese Entwicklung noch fortschreiten wird. Faktisch wäre es dann möglich zu Hause in der Stube ein Livekonzert zu erleben. Nicht nur am Bildschirm sondern mit der entsprechenden Anzahl Kameras vor Ort an Stellen wo man sonst nicht hinkommt, zum Beispiel Backstage. Mehr als zufrieden verliess ich dann nach Mitternacht das Gelände um mich dann mal ein paar Stunden aufs Ohr zu hauen.

Der Samstag ging schon um 15:00h los. Man merkte es war Wochenende und es waren auch schon gleich zu Beginn recht gut gefüllt. Eröffnet wurde der Samstag von Blackening aus Österreich. Sie waren zum ersten Mal in der Schweiz und hinterliessen gleich zu Beginn mal eine ordentliche Visitenkarte. Ich habe es in meinem Presseartikel schon geschrieben. Blackening schreiben die Songs, welche Metallica nach der Justice Platte vergessen haben zu schreiben. Sänger Oliver erinnert auch ziemlich stark an James Hetfield. Aber die Wucht wie die Songs aus den Boxen dröhnten war schon sehr eindrücklich. Ich war nicht der Einzige in der Halle dem die Kinnlade runterfiel. Klar durch die Ähnlichkeit der Songs an Metallica und Pantera geht die Eigenständigkeit etwas verloren, aber in ein paar Jahren werden sich die Jungs gefunden haben. Ich bin mir sicher von Blackening wird man in Zukunft noch einiges hören.

Weiter ging es mit einer von zwei Schweizer Bands am heutigen Samstag. Zuerst an der Reihe war Gods Of Silence. Die ersten Songs des Setlists bestritt allerdings Christian Palin. Er war auf der gerade beendeten Tour der Band für den verhinderten Gilbi Meléndez eingesprungen. So standen eigentlich anfänglich mehr Mitglieder der Band Panorama auf der Bühne als von Gods of Silence selbst. Ich finde es aber eine nette Geste der Band. Zudem verfügt Christian auch über gute Frontmann Qualitäten. Er schaffte es aber nicht nur dank seinem Organ zu überzeugen. Mit den vermutlich längsten Haaren aller Anwesenden war er auch ein Blickfang wenn er die Haare kreisen lies. Krass wurde es, wenn er dann wie in der Zugabe die Haare vorab noch nass macht, dann wurde er zur Beregnungsmaschine, irgendwie fühlte ich mich an unseren Hund erinnert nach einem verregneten Spaziergang. Mehrheitlich dann aber sang Gilbi, komplett Metal untypisch in weiss gekleidet, sich durch die Setliste. Seine Ausstrahlung und das Charisma ist unglaublich, er schaffte es mich vom ersten Ton an abzuholen. Nicht nur hatte Gilbi das Publikum im Griff, er hatte auch den Blick für die Anwesenden und entdeckte Cris von Crystal Ball unter den Anwesenden, der sich dann auch gleich seinerseits als schlagfertig zeigte. Auch Gods Of Silence lieferten eine Hammer Performance ab, am Schluss sogar mit beiden Sängern auf der Bühne, grosses Kino. Was mir aber Eindruck gemacht hat bei den Jungs und allen voran bei Christian und Sammy. Die beiden waren den kompletten Rest des Tages unter dem Volk, liessen sich problemlos auf einen Schwatz ein, egal mit wem. Feierten an vordersten Front am Bühnenrand die Bands und hatten Party pur zusammen mit den Mitmusikern oder dem Publikum, richtig geil.

Danach war die Reihe an den Engländern von Fury, auch sie spielten zum ersten Mal ihren schnörkellosen Heavy Rock in der Schweiz. Frontmann Julian Jenkins hat über die komplette Dauer ein Riesenschmunzeln im Gesicht. Soviel Spass habe ich schon lange nicht mehr auf eine Person alleine konzentriert gesehen, eine wahre Freude. Blickfang in der Band war natürlich die Bassistin Becky. Auch wenn es nicht die einzige Musikerin am heutigen Tag auf der Bühne war, den einen oder anderen brachte sie schon in leicht Wallungen. Musikalisch einwandfreie Handarbeit zückte man mit Master Of Puppets auch noch einen Metallica Song aus dem Köcher. Anscheinend hat Sänger und Gitarrist Julian bei den Veranstaltern noch nach einem Wunschsong gefragt, die Wahl fiel auf Britannia. Britannia eine eher getragene Nummer wurde dann auch noch mit dem Union Jack fahnenschwingend untermalt. Für mich ebenfalls eine positive Entdeckung und extrem sympathische Band, die dann ebenfalls nicht mehr vom Tresen wegzubringen war. Zugegeben ich kannte die Band Fury zwar, aber habe feststellen müssen nicht DIESE Fury. Ich hab mich den auch gewundert, den meine Fury aus Australien lösten sich 2011 auf. Die Engländer kommen aus Worcester und als Einflüsse müssen die erwähnten Metallica bis hin zu Queen alle herhalten.

Fury haben alles richtig gemacht um Thundermother ein richtig aufgeheiztes Publikum zu überlassen. Die vier Schwedinnen sehe ich ja nicht zum ersten Mal in diesem Jahr und so sind einige Sachen vorhersehbar was da auf mich zukommt. Einige Ansprachen sind dann zwar beim erstmaligen Sehen ganz amüsant, beim mehrmaligen Schauen verlieren sie dann ein wenig an Wirkung. Aber ich denke ich bin ja einer der wenigen, die die gerade von der Kiss Kruise kommenden Mädels live nun bereits das dritte Mal in vier Monaten zu Gesicht bekommt. Eine geile Rockshow liefern sie eh immer ab. Sie wissen auf alle Fälle wie eine Party gefeiert werden muss. Ob man mit einer Bierflasche ein Gitarrensolo spielt, oder sich soweit von der Bühne entfernt, dass der Sender von Filippa kein Signal mehr übertragen kann. Auf alle Fälle ist dies Publikumsnähe 2.0, scheissegal ob einer in die Saiten greift, bei einer Thundermother Show wird eben auch von der Bühne runtergestiegen und sich mit Instrument in die Menge gemischt. Was zu den Auftritt zu einem kurzweiligen Auftritt verkommen lässt bei dem man nie weiss was wirklich geschehen wird, dazu sind die Girls zu unberechenbar, wenn auch wie schon erwähnt die Spontanität auch teilweise noch auf die Pflichtansagen übertragen werden müsste.

Der Umbau zum nächsten Auftritt von The New Roses dauerte etwas länger, dafür wurden hier schon Synergien genutzt zum nachfolgenden Headliner Shakra. The New Roses haben sich in den letzten Jahren eine unglaubliche Anhängerschaft erspielt und ziehen so auch in Stans schon einiges an Publikum an den Bühnenrand. 2007 in Wiesbaden gegründet sind sie seit 2012 unter The New Roses unterwegs und spielen sich den Arsch ab. Auch sie waren vor kurzem noch mit auf der Kiss Kruise in der Karibik unterwegs aber am Vorabend noch in Oberentfelden auf der Arbeit. Mit viel Charm hat Sänger Timmy das Publikum auch sofort im Griff und mit ihrem Hard Rock lastigen Rock machen sie auch vieles richtig um ein breites Publikum anzusprechen. Die sympathischen Jungs und der zugängliche Sound sind wohl mit der Grund, weshalb auch der Frauenanteil im vorderen Bereich der Halle nun auch höher ist. Das dann auch mal die akustische Gitarre gezückt wird gehört dazu um den Dobie Gray Song «Drift Away» richtig in Szene zu setzen. Es blieb aber nicht nur bei diese einen Covernummer. Zu Johnny B. Goode holten sich die Jungs Verstärkung auf die Bühne. Filippa von  Thundermother zeigte sich nochmals und fegte über die Bühne und jammte mit den Jungs eine richtig geile Version. Richtig geiler straighter und bodenständiger Rock mit coolen Melodien. Was die Band aber vorallem ausmacht ist die markante Stimme von Timmy, die einen hohen Wiedererkennungswert aufweist. Ich habe sie am UrRock nun zum ersten Mal live gesehen, aber garantiert nicht das letzte Mal.

Unbestrittene Headliner und letzte Band am Samstag Abend waren dann aber Shakra. Die Band aus Trub muss wohl keinem mehr vorgestellt werden. Seit Mark Fox wieder zurück am Mikro ist reitet die Band auch auf einer richtigen Erfolgswelle. Die Alben entern die Top drei und halten sich wochenlang in der Hitparade. Sie legen auch gleich mit meinem Lieblingssong vom aktuellen Album los, Cassandra’s Curse. Erst jetzt wird einem so richtig bewusst, welch eine Hitdichte die Band über die bald schon 30 Jahre andauernde Karriere abliefern kann. Eine Riesennummer jagt die andere. Ich gebe es zu, auch ich hatte mich in den letzten Jahren nicht mehr so sehr mit Shakra beschäftigt, war kaum mehr auf einem Konzert der Emmentaler. Weshalb genau weiss ich selbst nicht so genau, irgendwie war mir wohl das drumherum nicht ganz so geheuer, was auch immer. Dass Shakra aber die Halle vollkriegen, hat gezeigt wie sehr sie angesagt sind, auch wenn sie in diesem Jahr schon etliche Konzerte in der Schweiz gespielt haben. Auf alle Fälle wurden sie frenetisch umjubelt und jagten rund 20 Songs in den Saal. Nach dem Konzert traf man auch alle am Merchandising Stand wieder an. Mark selbst war sogar bereits am Vorabend auf dem Gelände und hatte mächtig Bock auf die Bühne zu kommen und genau diese Freude verstrahlte er dann auch vor, während als auch nach dem Konzert. Überaus sympathisch mit jedem der wollte unterhielt er sich wie auch der Rest der Band. Auch wenn ich Shakra in den letzten Jahren eher links liegen liess, freu ich mich riesig darauf sie am Ice Rock Festival dann wieder zu sehen. Den sie sind aktuell definitiv meine Nummer eins im Schweizer Rockhimmel, noch vor den abtretenden Krokus und den gerade sehr akustischen Gotthard. Jungs ihr habt mich wieder in den Bann gezogen, so wie damals in der Zeit als ihr bei HammerFall im Vorprogramm standet.

Mit dem UrRock Musik Festival hat ein Festival seine Premiere gefeiert, welches hoffentlich einen fixen Platz im Kalender finden wird. Perfekt organisiert, gute Location, richtig guter Soundqualität und vorallem Bands die vor Spielfreude nur so strotzten und sich richtig, aber auch wirklich richtig publikumsnah gaben. Genauso stell ich mir ein Festival vor. Das UrRock hat jetzt schon seine eigene Magie versprüht und alle Anwesenden in den Bann ziehen können. Zumindest ich habe nicht eine negative Stimme zum Festival gehört. Ähnlich wie schon Avven, die erste Band des Festivals, kann ich nun sagen, ich war dabei, als ein neues Festival auszog um die Urschweiz zu erobern. Wer weiss wo der Weg noch hinführt, aber ich habe in meinem Kalender im November 2019 noch Platz für eine Fortsetzung.