Der Einstieg in den zweiten Festivaltag konnte besser ja gar nicht sein. Sonnenstrahlen blendeten mich bereits beim Aufstehen nach einer relativ kurzen Nacht. Als ich dann aufs Festivalgelände kam musste ich nicht einmal anstehen um ins Infield zu kommen. So konnte ich mich noch ein beim Band Support Day dazusetzen und mir einige Ausführungen Anhören rund um das Organisieren einer Band. Es ist so oder so grossartig was das Greenfield für den Nachwuchs macht und auch Taten folgen lässt. Ich habe mir zwar gedacht dem Ruf des Band Support Days folgen mehr Musiker, bin mir jetzt aber nicht sicher ob die Teilnehmerzahl nicht sogar beschränkt war. Auch nach dem offiziellen Teil, liessen sich die Redner alle Zeit noch individuell auf Fragen einzugehen.

Der zweite musikalische Festivaltag eröffnete die Aargauer Band Final Story. Sie waren bereits 2016 zu Gast am Greenfield, da sie damals den Greenfield Bandcontest gewonnen hatten. Wie schon eingangs geschrieben, dass Greenfield macht was für den Nachwuchs. Mittlerweile hat die Band ihre Mauser hinter sich und durfte ihren Metalcore bereits auf einer Tour mit Eluveitie zum Besten geben. Heute aber steht die grosse Bühne, die Jungfrau Stage, auf dem Programm und es ist immer ein wenig undankbar einen Tag zu eröffnen Aber die Fans erfreuen sich am schönen Wetter befinden sich schon frühzeitig vor der Bühne was die Band sichtlich freute. Gut haben sie 2017 nicht alles hingeschmissen und aufgehört, als sie das Gefühl hatten, bereits alles erreicht zu haben.
Gloryhammer aus Schottland hätten eigentlich zu sowas wie Lokalmatadoren werden können. Nur haben sie vor Kurzem sich auf unrühmliche Weise von Thomas Winkler aka Angus McFife getrennt und auch neben der Bühne eine nicht gerade gute Falle gemacht, als ihre interne Kommunikation auf einmal den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat, metoo lies grüssen. Eigentlich sah ich die Karriere damals schon ziemlich am Tiefpunkt und glaubte nicht, dass sich die Schotten so schnell wieder fangen würden. Nun stehen sie also auf der Bühne und präsentieren ihren neuen Sänger Sozos Michael aus Zypern. Und er macht seine Sache gut. Die Retter des Universums können auch auf massig Fanunterstützung zählen. Bevor das Universum jedoch gerettet werden konnte stellte sich Tom Jones in einem Bravo Starschnitt auf die Bühne und ab Band kam dann sein Hit Delilah, in voller Länge, tja da ging dann ein Song von der Spielzeit her Flöte. Die Lacher waren aber bereits da und wir Fotografen standen schon mal drei Minuten verdattert im Graben. Dann aber ging es mit der Belagerung von Dunkeld los und alle vertrauten in Hoots. Auf der Reise durch die Galaxy tauchte auch der Goblin König auf, der selbstverständlich von Sozos mit seinem Astral Hammer niedergeschmettert wurde. Thor hätte es besser nicht hingekriegt.
Dann die ging die Lauferei wieder los, denn die Eigerstage wurde eröffnet. Die Ehre dazu gebührte den Zentralschweizer von Artifiction die ihn Reihen den in Zug sesshaft gewordenen schwedischen Sänger und

Multiinstrumentalisten Sven Christian Sundin haben, der wahrlich über ein starkes Stimmorgan verfügt. Sie sind die Gewinner des Greenfield Bandcontests 2020 und dürfen nun 2 Jahre später quasi ihren Gewinn einlösen. Geboten wird Metalcore der unter der brütenden Sonne auch eine treue Anhängerschaft vor die Bühne lockt Leider konnte ich mir nicht alles anhören, da wäre ich gerne noch länger vor der Bühne stehen geblieben, aber ihr wisst schon, ich habe es schon im Bericht vom Donnerstag geschrieben, ich wollte alle Bands vor die Linse kriegen
Für einen Grammy nomminiert wurden Baroness, den hatten sie zwar nicht gewonnen, aber die Nomination ist ja auch schon was. Ich kannte Baroness bisher nur vom Namen her und war deshalb auch gespannt was jetzt kommen wird. Und ich wurde positiv überrascht. Baroness sind bisher sowas wie meine Festivalentdeckung. Die Band aus Savannah gibt so richtig alles und vor allem Gina Geason, die Gitarristin, ist ein echter Wirbelwind auf der Bühne. Dabei gibt es die Band bereits seit knapp 20 Jahren. Dass ich an der Band bisher vorbeiging, liegt mehr an der optischen Aufmachung ihres Schriftzuges. Blickfang klar Gina die an diesem Tag die Frauenquote eröffnete. Aber auch Bassist Nick Jost liess mit seinem Einteiler die Blicke auf sich richten, dann aber schnell wieder abwenden.
Boston Manor hingegen konnten bei mir nicht ein bleibenden Eindruck hinterlassen. Vielleicht auch deshalb, weil ich schon die nächste Band im Kopf hatte und schnell wieder die Bühne wechseln musste.
Zurück auf der Jungfrau Stage kommen meine Punk Helden aus alten Tagen, Bad Religion. Diese Band ist, seit ich bei den bergsteigenden Milchkühen anfangs der 90er Jahre den Bass bediente, nicht mehr aus meinem musikalischen Fundus wegzudenken. Ihr Göttersong American Jesus gehört bei mir in die Alltime Favourite Punksong List und kam sogar heute zu Liveehren. Deshalb können die Altmeister, die auf 17 Studioalben und 42 Jahre Karriere zurückblicken eigentlich auch gar nichts falsch machen. Und sie hauen einen Kracher am anderen raus. Bereits als dritter Song kam Punk Rock Song an die Reihe, im Original ein Duett mit Campino von den Toten Hosen. Bad Religion hatten auch etwas mehr Bewegung als am Vortag The Offspring, trotzdem fand ich den Auftritt recht steril. Der Evolutionsbiologe und Sänger Greg Graffin ist nur gerade vier Jahr älter als ich, aber ich behaupte ich war während des Auftrittes aktiver als er. Die Evolution bringt ja zeitweilen sonderbare Gestalten ans Tageslicht und Gitarrist Mike Dimkich der auch ein Ultra-Marathon-Teilnehmer ist, war nicht mal in der Aufwärmphase, dafür hatte er glaube ich ein Monster von einem Kaugummi im Mund.
Erst vor wenigen Tagen bestätigt wurden Blackout Problems, wieder eine Band von der ich zuvor noch nie etwas gehört hatte und mich deshalb natürlich auch sehr interessierten was sie zu bieten hatten. Und die Jungs boten echt viel. Sänger Mario kam auf die Bühne und verliess sie auch gleich wieder via Fotograben zum Publikum runter. Die Fans der aus München kommenden Band können sich über Publikumsnähe definitiv nicht beklagen. Im Gegenteil, im Verlauf der Show verlässt Mario die Bühne inkl. Gitarre und Mikrofonständer um gleich mitten im Publikum einen Song zu spielen. Da hatte die Band natürlich alle im Sack. Viel mehr Fannähe geht echt nicht mehr. Die Bühnenhöhe bei der Eiger Stage war auch angenehm für solche Ausflüge. Im Gegensatz zur Jungfrau Stage, die so hoch war wie noch nie. An der Medienkonferenz tags darauf wurde auch mitgeteilt, dass in der Postpandemie einfach nicht mehr das gewohnte Material verfügbar war. Die Jungfrau Stage war wirklich arg hoch.
Christopher Bowes ist wohl das Arbeitstier heute unter den Musikern. Vor kurzem stand er noch mit Gloryhammer am Rande des Universums und nun lenkt er das Piratenschiff von Alestorm auf Beutezüge. Alestorm sind schlichtweg einfach nur Party und dies wissen sie auch zu zelebrieren. Das Piratenleben bestand ja nicht nur aus Schiffe ausrauben sondern auch aus Rum. Ihre Sklaven das Publikum durfte sich schon mal hinsetzen und mächtig mit rudern beginnen. Die riesige Gummiente auf der Bühne ist natürlich der Blickfang für die wilde Meute, die sich irgendwie selbst nicht ganz ernst zu nehmen scheint. Brauchen sie auch nicht, denn die Kaperfahrt in Schweizer Gewässer funktioniert einwandfrei, auch mit den neuen Song aus dem bald erscheinenden Album. Wie den auch anders wenn der Song Pirate Party heisst. Beim Taio Cruz Cover «Hangover» holen sie sich noch australische Verstärkung auf der Bühne, der dann den Rapteil übernimmt. Ein sehr kurzweiliger Auftritt und P-A-R-T-Y war für mich der Ohrwurm des Festivals, ich kriegte dieses Pirate Party echt nicht mehr aus den Ohren raus
Burning Witches braucht man dem gestandenen Metalfan nicht mehr vorzustellen. Die Schweizer Girlband mit holländischer Verstärkung ist gerade die letzten Jahre mächtig präsent und kommen gera

de von einer Nordamerika Tour zurück. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass ein Teil ihres Erfolges klar dem Testosteron der männlichen Fraktion zuzuordnen ist. Seit ich die Band vor ein paar Jahren das erste Mal live gesehen habe, hat sich zwar spielerisch einiges getan, wie ich finde, nur so richtig überzeugen tun sie mich nicht. Die Burning Witches waren noch nie mein Ding und werden es wohl auch nie werden. Ich bin der Meinung und Überzeugung, man sollte Laura auch mal in anderen Stimmlagen singen lassen als in diesem Gekreische. Denn ich weiss, dass sie eine durchaus sehr angenehme Singstimme hat, die sich auch im normalen Bereich gut austoben könnte. Aber vielleicht passt es dann eben nicht mehr ins Konzept.
Anders zur Sache geht es dann wieder auf der Hauptbühne. Der Himmel soll brennen und die Sonne macht dies schon den ganzen Tag, Heaven Shall Burn aus Deutschland blasen zum Metalcore Angriff. Und wie, wir Fotografen durften erst noch gar nicht in den Fotograben beim ersten Song, denn da wurden erst einmal meterlange Papierschlangen ins Publikum geschleudert. Auch danach ging die es richtig heiss zur Sache. Sänger Marcus hat es angedroht, dass nach der Zwangspause sie ihre Konti geplündert haben und alles was im Proberaum rumstand, ans Greenfield schleppten. Zwar nicht wegen lustig, sondern weil das Publikum es verdient hat. Solche Ansagen sind natürlich wertschätzend gegenüber dem Publikum und wenn man dann auch noch den Worten Taten folgen lässt erst recht. Auch wenn die Band eine sehr gesunde Härte in ihren Kompositionen legen, sie sind jederzeit sympathisch und strahlen vor Spielfreude. Zudem setzten sie auch Pyros ohne Ende und es wurde zeitweilen richtig heiss im Fotograben, wenn die Gasflammen in die Höhe schossen. Sehr starker Auftritt dem ich gerne noch länger zugeschaut hätte, aber ich musste mich auf den Weg machen zur anderen Bühne, den dort könnte es am heutigen Abend eng werden. Wenn ich mich so unter dem Publikum umschaute, hatte der grösste

Teil ein T-Shirt von Jinjer an.
Jinjer habe ich zum ersten Mal als Vorband von Arch Enemy vor ein paar Jahren gesehen. Damals waren sie hierzulande noch ziemlich unbekannt. Mittlerweile sind die Ukrainer nicht nur dank ihren extremen musikalischen Fähigkeiten eine unglaubliche Liveband mit Ausstrahlung. Gerade noch vor wenigen Tagen haben Jinjer mitgeteilt, dass sie die Erlaubnis des ukrainischen Kulturministeriums haben die Welt darauf aufmerksam zu machen wie sinnlos dieser aktuelle Krieg ist, wie es eigentlich jeder Krieg ist. Sie sind nun also offiziell als Botschafter für ihr Land unterwegs. Das Greenfield markiert auch gleich den ersten Auftritt der Band auf einer ausgedehnten Festivaltour. Es gab erwartungsgemäss enorm viel Publikum vor der kleineren Bühne als die Jinjer, angeführt von Tatjana, loslegten wie die Feuerwehr. Richtig bewegend fand ich dann ihre Worte zum Krieg in ihrem Heimatland. Ich steh zwar nicht auf solche Aktionen, aber im Fall von Jinjer, einer direkt betroffenen Band macht es eben doch einen Unterschied, als wenn z.B. eine Amiband über Krieg wettert, welcher in fernen Länder ausgetragen wird. Mir lief es auf alle Fälle ziemlich kalt den Rücken runter. Musikalisch sind sie hoch anzusiedeln aber ihre schon progressiven Ausflüge verlangen doch einiges beim Zuhören ab. War ein richtig geiler Auftritt.

Eine weitere politisch aktive Band ist Rise Against aus Chicago. Sie machen auch keinen Hehl daraus und stehen zu dem was sie sagen, nicht nur auf der Bühne. Mitglieder von PETA und Sea Shepherd, zwei Musiker Veganer, zwei Vegetarier und im Gegensatz zu vielen anderen, glaubt man Sänger Tim McIlrath jedes Wort wenn er den Mund aufmacht. Rise Against hatten übrigens bei TV Total ihren ersten weltweiten Fernsehauftritt, dies vor ziemlich genau 10 Jahren. Am Greenfield treten sie nicht zum ersten Mal live auf, die Kulisse ist ihnen vertraut, viermal waren sie mit dem diesjährigen Auftritt schon in Interlaken zu Gast. Eine aufwendige Bühne umrahmte den Gig der Amerikaner und immer im Mittelpunkt Sänger Tim. Ihre Songs sind fast alle radiotauglich und die Massen vor der Bühne hören ihm bei jeder Ansage auch andächtig zu. Nach der Nachricht zu «I don’t want to be here anymore» werde wohl noch oft ans Greenfield und Rise Against denken, wenn mal etwas nicht so läuft wie es sollte. Nur springt der Funke trotzdem nicht richtig zu mir rüber. Die beiden Altmeister des Punks, Rise Against und The Offspring zählen für mich zu den Verlierern des Festivals.
At The Gates, was soll ich dazu sagen, Götter der Göteborger Szene, Mitbegründer einer ganzen Bewegung. Melodic Death Metal sowieso auch mein Ding. Sie gehören zu den ganz Grossen und zeigen dies auch eindrücklich als Headliner auf der Eiger Stage. Im Vorfeld durch Kollegin Yvonne noch auf den Frontmann Tomas Lindberg angesprochen, dass er dem Trainer des FC Aaraus gleiche, war ich natürlich ein wenig angefixt und ja, er gleicht wirklich Stephan Keller. Viel habe ich leider nicht vom Konzert von At The Gates mitbekommen, da ich frühzeitig wieder die Bühne zu Volbeat wechselte.
Und schon geht ein kurzweiliger Abend zu Ende. Auf der Hauptbühne spielen Volbeat ihren unverkennbaren Elvis Metal, der natürlich massgeblich geprägt ist durch die Stimme von Michael Poulsen. Was soll man zu einem Volbeat Konzert noch sagen, die Dänen haben soviele Hits, die können längst schon nicht mehr alle ins Programm nehmen. Was mich ein wenig stört ist, die Dänen haben zwar Spielfreude und Spass, aber irgendwie fand ich, dass sie doch mittlerweile sehr routiniert ihr Programm runterspulen. Und wenn Routine die Macht über Leidenschaft hat, wirkt ein Konzert einfach so, als wäre es steril wie ein OP-Saal. So schoss ich meine Fotos und mischte mich nachher unters Publikum und liess mich vom Publikum anstecken. Die neuen Songs mischen sich gut in die Setlist und man führte sogar noch ein paar Gastmusiker mit, was der Geschichte zusätzlich Farbe verlieh. Mit den letzten Klängen im Rücken machte ich mich dann kurz vor Konzertende auf den halbstündigen Marsch zurück in mein Glamping Häuschen in Bönigen.