Es ist eigentlich ein bisschen beschämend, wenn ich hier und jetzt eingestehe, dass ich heute Freitagabend die Band Felskinn zum ersten Mal live sehen werde. Dafür gleich beim Comeback, welches zugleich auch das 20 Jahre Jubiläum markiert, macht dies zwar nicht wett, aber ein bisschen erträglicher. So ist es nicht einfach ein Konzert, sondern ein spezieller Anlass. Ich zögerte nicht lange, als mich Gregory vor ein paar Wochen kontaktierte, ob ich Lust hätte das Comeback fotografisch auf der Speicherkarte festzuhalten. Zu meiner Verteidigung stehen Felskinn in der absehbaren Zukunft wiederholt auf meiner Agenda. Also ab zur Met-Bar, wo ich auch kurz vor Türöffnung ankomme und feststellen muss, die Parkplatzsuche wird herausfordernd. Zum Glück brauche ich jedoch nicht so eine grosse Lücke und mein Kleinwagen passt da noch schnell einmal irgendwo rein. Schwups über die Strasse hüpfen und bereits die ersten bekannten Gesichter begrüssen. Nach der Türöffnung geht die Begrüssungsorgie auch gleich weiter. Es scheint als hätten heute richtig viele nur darauf gewartet, Felskinn endlich wieder live erleben zu dürfen. Ich habe es an einer anderen Stelle (auf einer dem Meta-Konzern zugeordneten Seite) schon geschrieben, der heutige Abend bekommt zunehmend den Charakter einer Klassenzusammenkunft. Es ist wirklich grossartig, so viele bekannte Gesichter anzutreffen. Auch sind im Publikum viele Veranstalter von anderen Festivals anwesend. Das Icerock, die Rocknacht Tennwil, Das UrRock Music Festival und das Rock The Lakes sind auszumachen. So ergibt sich natürlich die eine oder andere Plauderstunde. Auch kann ich noch etwas Wiedergutmachung betreiben, für mein Fernbleiben bei einem anderen Konzert aufgrund der Fasnacht. Auch darf ich noch einen kurzen Backstage Besuch machen und die einzelnen Musiker noch kurz vor der Show begrüssen, danke Martin hierfür.
Die Met-Bar ist schon ordentlich gefüllt, als die mir noch unbekannte Support-Band Goldsmith auf die Bühne kommt. Anders als auch schon, habe ich mich aber bezüglich Goldsmith im Vorfeld ein wenig informiert und weiss, dass sie nur einen Steinwurf ennet der Grenze, aus Bad Krozingen, stammen. Bin dann aber auch ein wenig erstaunt, dass ich entgegen der offiziellen Webseite der Band (www.goldsmithrocks.com) nur gerade drei Personen auf der Bühne sichte, wo ist denn der Bassist Dominik Schweizer? Frontmann und Namensgeber der Baden-Württenberger Band, Michael Goldsmith, klärt dann schon bald auf. Er hat noch am Morgen einen Bandscheibenvorfall erlitten, der Supergau für eine Band. Es ist unter diesen
Umständen der Band hoch anzurechnen, dass sie das Konzert deshalb nicht kurzfristig abgesagt haben. Dank moderner Technik ist es heute möglich, die Bassspuren einzuspielen zu lassen. Was ich bei anderen Bands als Unding abtue, hat so natürlich seine absolute Berechtigung. Und Goldsmith legt gleich fulminant, nach einem kurzen Intro, los mit «Inherit The Wind», welches auch ihr letztes Werk «Of Sound And Fury» eröffnet und gibt gleich einmal den Tarif durch. Die Reihenfolge des Albums wird auch während den ersten drei Songs eingehalten. Danach kommt dann er Streifzug über alle drei bisher erhältlichen Alben und zeigen einen guten Querschnitt über das Schaffen der Band. Musikalisch eher im Old-School Metal anzusiedeln, drückt ab und an auch die Thrash-Metal Seite aus der Blackend Vergangenheit durch. Aber auch Ohrwürmer liefert die Band ab, zum Beispiel mit «Higher, Further, Faster» die richtig Spass machen. Ein absolut kurzweiliges nie langweiliges Set, dass wir hier serviert bekommen. Das reguläre Set wird abgeschlossen und Goldsmith kommt natürlich noch einmal zurück auf die Bühne. Mussten Sie ja auch, einerseits hat es das Publikum gefordert, andererseits hält Michael fest, dass es ja quasi dazugehört. Bei der abschliessenden Zugabe holt er noch seine Lebenspartnerin auf die Bühne, die den Background, welchen üblicherweise der daheim gebliebene Dominik singt, schon einmal mit dem Publikum übt. So folgt nun der Song «Fire». Meine Fresse, was ist das den für ein Ohrwurm, ein richtig fetter Abschluss einer überzeugend aufspielenden Band.




Die Umbaupause wird natürlich wieder mit Small-Talk betrieben, zuweilen werden sogar richtig seriöse Gespräche geführt. Selbst meine Angst, dass ich heute allein einen (oder vielleicht auch zwei) Schnupfs zu mir nehmen muss, bewahrheitet sich nicht, da machen die Jungs von Voltage Arc richtig schön mit, damit also auch vom Suchtbegehren her alles im Lot. Dann folgt der Moment, auf welchen die Anhängerschaft von Felskinn seit einigen Jahren gewartet hat, das obligate Intro kommt aus der Beschallungsanlage und die frisch formierte Band betritt die Bühne. Aber nicht nur die Fans freuen sich auf Felskinn. Von Sekunde Null an merkt man der Kombo rund um Andy Portmann an, dass sie heiss sind auf den heutigen Abend und sich mindestens genauso auf die folgende Zeit freuen. Zudem ist die Met-Bar gut besucht und ganz ohne Rempler komme ich mit dem Fotoapparat auch nicht bis an den Bühnenrand.
Alle Sterne stehen somit günstig für einen ausgelassenen Abend in Lenzburg während nun die ersten Akkorde von «Remember My Name» erklingen. Einem neuen Song bei dem die Anwesenden wohl nicht an den Namen Felskinn erinnert werden müssen, das Backdrop prangt ja mit grossen Buchstaben hinter dem Schlagzeug. Auch wenn ich die Band wie gesagt die letzten 20 Jahre zwar live verpasst habe. Wenn die Band zwar noch auf meiner «bucking-list» stand, ich bin öfter Saas-Fee und ich gebe zu, dabei kommt mir wirklich immer die Band in den Sinn, wenn ich mit der Luftseilbahn auf die Felsnase hochfahre. Nun aber zurück zum Konzert welches ordentlich nach vorne drückt, heisst Durchschnaufen ist erst mal nicht gegeben, Vollgas ist erstmal angesagt. Das Comeback setzt also schon einmal ein deutliches Signal und gibt die Richtung vor. Schliesslich hat man ja ein paar Jahre aufzuholen und die zahlreichen, im Publikum anwesenden Veranstalter, sollen eine ordentliche musikalische Visitenkarte abbekommen. Auffallend auch, dass nun «nur» noch ein Gitarrist die sechs Saiten bedient. In Person von Toni Watzinger hat man hier aber einen Saitenhexer gefunden, der dies locker immer mit einer Grimasse zu meistern vermag. Bassist Kusi Durrer sorgt für wohlwollenden Druck in der Magengegend mit seinen tiefen Tönen und bildet ein hervorragendes Fundament mit Fellbearbeiter Gregory Birrer. Dreh- und Angelpunkt ist jedoch ganz klar Andy Portmann, der Kopf, die Stimme von Felskinn. Was muss ihm für ein Stein vom Herzen gefallen sein, endlich wieder auf der Bühne stehen zu können, auch feststellen zu können, dass dem Ruf seiner Band gefolgt wird und das Publikum so zahlreich erscheint. Andy ist vollends wieder in seinem Element angekommen, singt selbst die ganz hohen Töne astrein und mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre es das einfachste der Welt. Die Comebacktour steht auch im Zeichen des 20 Jahre Jubiläums der Band, weshalb die Tour schlicht FK0525 genannt wird und am Merchstand auch schlichte Shirts mit diesem unaufdringlichen Aufdruck zu erwerben sind. Dies bedeutet auch, dass es einen Streifzug durch die gesamte Schaffensphase der letzten zwanzig Jahre gibt, ja sogar darüber hinaus. In der Setliste ist auch Songmaterial aus der seeligen Ain’t Dead Yet Zeit auszumachen.
Gebannt wird auch den Songansagen zugehört, das Publikum klebt förmlich an Andy’s Lippen, schön auszumachen von meiner Position am Bühnenrand, wie er andächtig beobachtet wird und die Worte, ob gesungen oder gesprochen, verschlungen werden. Wer mich kennt weiss, dass ich kein grosser Fan von Solos bin. Im Fall von Schlagzeuger Gregory mache ich da aber eine Ausnahme. Er zählt für mich definitiv zu den Besten seines Faches die wir hier in der Schweiz haben. Seiner unbändigen Energie lässt er in einem Solo freien Lauf und malträtiert da sämtliche Becken und Toms, die da in seinem Arbeitsumfeld stehen. Leichte Unsicherheit ist dann bemerkbar, als das Solo beendet wird und die Band irgendwie noch nicht ganz im «Live-Flow» ist, dass jetzt bereits wieder mit «Call Me Anytime» eingestiegen werden kann. Dies ist aber nicht weiter schlimm und kann getrost darauf zurückgeführt werden, dass es nun mal das erste Konzert ist. Ich bin mir sicher Felskinn wird dies bereits beim nächsten Konzert korrigiert haben, ist vermutlich eh nur den wenigsten aufgefallen. Apropos nächstes Konzert, die Daten werden laufend auf www.felskinn.ch publiziert. Diese Woche kam schon einmal die Bestätigung, dass sie die Rocknacht Tennwil eröffnen werden, da sehen wir uns dann bestimmt wieder. Von der Bühne kann Andy gerade auch verkünden, dass sie soeben einen Slot für die Rock The Lakes Cruise auf dem Neuenburgersee bekommen haben. Nach 14 Songs ist das offizielle Set beendet und die Band zieht sich zurück. Die Zugabe-Rufe lassen aber nicht lange auf sich warten und selbstverständlich kommt die Band zurück auf die Bühne. Nun zieht Andy das Publikum endgültig mit in die Show ein. Für einmal sollen nun alle ihre mobilen Telefone zücken und im Querformat mitfilmen, diese Clips an die Band schicken. Daraus soll dann ein Video geschnitten werden, welches noch vor Ostern als Video zum gleich gespielten Song erscheinen soll. Um welche Nummer es sich handeln wird, werde ich hier nicht nennen. Das Privileg zu wissen, was als nächstes veröffentlicht wird, soll schliesslich noch bei den Besuchern des heutigen Abends bleiben. Somit wird also zwischen Song 14 und 15 auf der Setlist quasi die 14.5 eingeschoben. Auch ein Comeback findet einmal sein Ende und dies in Form des obligaten 170105.
Final kann ich nur sagen Welcome Back Felskinn, das Comeback ist eindrücklich geglückt. Ich freue mich auf jeden Fall jetzt schon wieder auf das nächste Wiedersehen mit Andy, Toni, Kusi und Gregy, spätestens zur Rocknacht Tennwil im September.



