Es wurde mit einem Paukenschlag angekündigt, die Wiederbelebung des legendären Out In The Green Festivals, auf welchem ich in den 90er Jahren doch auch einige gute Tage verbracht habe. Ohne Umschweife wurden gleich richtig fett Metallica, Five Finger Death Punch, Sabaton, Eluveitie, Chaoseum und damals noch Hollywood Undead angekündigt. Es schien der «place to be» zu sein für den Sommer. Hollywood Undead mussten jedoch schon bald einmal durch Fever 333 ersetzt werden. Was aber leider viel mehr zum Tragen kam, war die sehr kurzfristige Absage des Headliners Metallica. Angeblich hat ein Mitglied der Metallica Familie sich den Corona Virus eingefangen, was die Band daran hinderte in Frauenfeld aufzutreten. Gab dazu natürlich in den sozialen Medien einiges zu reden, vor allem da die Band zwei Tage später wieder aufgetreten ist. Spekulationen machten daraufhin ihre Runden, auf die ich jedoch nicht eingehen möchte, denn die Wahrheit kennen nur Metallica und die Veranstalter selbst. Dass man dann aber das komplette Metallica Merch angeboten hat und auf einer Länge von knapp 10m, T-Shirt an T-Shirt gereiht und zum Verkauf angeboten hat, fand ich dann doch auch wieder etwas befremdlich. Auch dass man sich, wie es hiess, über Nacht nicht für ein Ersatzdatum finden (wohlverstanden für 2022 und 2023) konnte, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Von der Option die Tickets zurückzugeben machten so auch 11’000 Festivalgänger Gebrauch. So befanden sich letztlich gemäss Veranstalter noch 25’000 Rockfans anstelle von 36’000 auf der Pferderennbahn.

Mit leicht geändertem Zeitplan starteten die Westschweizer von Chaoseum ins Programm. Auf dem Serviertablett stand Metalcore mit einem recht modernen Anstrich. Das Make-Up verlieh vor allem Sänger CK Smile ein etwas Beängstigendes gar leicht Schizophrenes. Vergleiche mit dem Joker aus dem Batman Universum sind vermutlich nicht ganz ungewollt. Der Rest der Band sah ich schon bei Dylem spielen, waren also keine Unbekannten mehr, wenn auch die Stilrichtung komplett was anderes war. Auffällig war auch, dass kein Bassist am Start war. Mit der heutigen Technik alles auch kein Problem mehr, dem Druck hat es auf alle Fälle keinen Abbruch getan. Alles in allem ein solider Festivalauftakt nicht mehr und nicht weniger. Weshalb man Chaoseum, aufgrund der Umstände, jedoch nicht mehr Spielzeit gegeben hat, ist mir schleierhaft, verdient hätten sie es gehabt.

Fever 333 waren bisher komplett an mir vorbeigegangen. Was da aber auf das Publikum losgelassen wurde, ist betreffend Stageacting fern jeder Vorstellung. Musikalisch minimalistisch und mit kurzen knackigen Songs (ebenfalls ohne Bass), überzeugten die drei Musiker mit einer Bühnenpräsenz die so zu suchen ist. Ohne Rücksicht auf Verluste an Equipment oder allenfalls sogar körperlichen Verletzungen wirbelte man über die grosse Bühne. Da wird schon einmal der Boden gewässert um dann mit Anlauf darüberzuschlitteln oder das Arbeitsinstrument des Sängers auf den Boden geknallt. Nicht auszudenken was passiert wenn der Gitarrengurt reisst, wenn die Klampfe in bester Wild West Manier über dem Kopf geschwungen wird. Optisch ein Erlebnis, musikalisch hat mich die Band mit ihrer Rebellion jedoch nicht abholen können. Da hilft auch der Titel «bestes Debüt» oder «bester Song» vom renommierten KERRANG Magazin nicht.

Mit Eluveitie stand eine der erfolgreichsten Schweizer Metal Bands als nächstes auf der Bühne. Die Lokalmatadoren hatten das Publikum vom ersten Ton an im Griff und die Band wurde massiv abgefeiert. Wie sich dann ein paar Tage später rausstellte, war es der letzte Schweizer Auftritt der Hurdy Gurdy Spielerin Michalina. Aber eben, dies wusste zu diesem Zeitpunkt noch keiner aus dem Publikum. Mit neun Musikern war die Bühne auch beachtlich gefüllt und jeder bekam seinen Platz auch mal vorne an der Bühne zu erscheinen. Meine Befürchtung, die dritte Band ohne Bassisten zu erleben, bewahrheitete sich zum Glück nicht. Nach dem Kay die letzten Konzerte ausgesetzt hatte, war er beim Heimspiel wieder mit von der Partie. Für mich sind Eluveitie die grösste Schweizer Metalband der Gegenwart, deshalb fand ich es eigentlich schade, dass nach dem Wegfall von Metallica, die Band nicht später ins Billing gesetzt wurden. Headliner würdig war der mit Feuer gespickte Auftritt auf alle Fälle. Auf den vielen Leinwänden rund um die Bühne liess der Videotechniker seiner Kreativität auch freien Lauf, vielleicht sogar ein bisschen zu viel.

Der Schützenpanzer wurde rückwärts eingeparkt und das bedeutet, dass Sabaton sich bereit machen Frauenfeld anzugreifen. Nur schien den Schweden die Munition ausgegangen zu sein. So stark auf Sparflamme habe ich die Schweden schon lange nicht mehr gesehen. Wo es sonst aus dem Panzer oder auch auf der Bühne nur so knallt, Feuersäulen in die Höhe schiessen, und CO2 die Bühne einnebeln, blieb es für Sabaton Verhältnisse eher ruhig und bescheiden. Keine Ahnung, woran das lag, die Installationen war ja vorhanden, vielleicht spielen hier die hohen Gaskosten mittlerweile auch eine Rolle, dass da gegeizt wurde. Auch sonst war die Bühne eher spartanisch eingerichtet. Nichts zu sehen von Sandsäcken oder Stacheldraht, geschweige den vom Roten Baron der ein paar Tage zuvor am Hellfest noch Bestandteil der Show war. Die verlängerte Spielzeit erlaubte es den Kriegshelden (wenn man in diesen Zeiten, dieses Wort überhaupt noch schreiben darf) auch ihren Friedenssong Christmas Truce zu spielen. Dazu ging man im Vorfeld noch nach Zürich, um sich ein Elektropiano zu beschaffen, welches von den Mitgliedern unterschrieben wurde und nun für einen guten Zweck unter die Leute gebracht wird. Auch wenn die musikalische Leistung der Akteure sicherlich keine Wünsche offenliess, stellte sich bei mir über die Zeit eine gewisse Langweile ein. Ich nenn es den AC/DC oder Lordi Effekt. Ohne ihre Gimmicks auf der Bühne und die gewohnte Show, klingt halt doch irgendwie alles sehr ähnlich. So ging für mich ein guter Auftritt aber nichts Überragendes zu Ende, Sabaton haben mich schon anders gepackt als heute. Ach ja, und die ewigen «Noch ein Bier» Sprüche haben auch so langsam ausgedient, aber dies ist eher an das Publikum gerichtet als an die Band, die führt da militärisch gesehen nur Befehle aus.

Five Finger Death Punch kamen durch die kurzfristige Absage von Metallica überraschend zu einem Headliner Slot und zu verlängerter Spielzeit. Ich mag die Band ja seit jeher und mich beeindruckt ihre Urgewalt wie sie ihre Songs ins Publikum zu schmettern vermögen. Allen voran Sänger Ivan Moody, der es wirklich versteht die Gang anzuführen und das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Wer die Geschichte von 5FDP ein wenig kennt, weiss, dass es in dieser Band nur 110% Leistung gibt und es dadurch in Verbindung mit anderen Substanzen nicht immer für alle gleich einfach war auf diesem hohen Niveau zu performen. So war das Konzert energiegeladen und trotzdem mit einem faden Beigeschmack. Den von der angekündigten verlängerten Spielzeit hat die Band schlicht keinen Gebrauch gemacht und das Set nach knapp 70 Minuten frühzeitig beendet und als Abgang ihre Coverversion von House Of The Rising Sun vom Band laufen lassen.

Am Schluss gibt es auch ein paar Randnotizen, die sich die Organisatoren noch zu Herzen nehmen sollten. Bei einem Rockfestival gibt es eigentlich genau zwei Punkte, die beachtet werden müssen. Zum einen ist es die Bandauswahl, die eigentlich stimmig war, es wurde mit diesen unterschiedlichen Bands ein breites Spektrum der Rockmusik abgedeckt. Engstirnige Rockliebhaber dürften zwar maximal eine Band favorisiert haben, bewegten sich dann aber auch vor die Bühne. Dass 11’000 Tickets zurückgegeben wurden, zeigt dies ebenfalls. Metallica war das Zugpferd und bediente als einzige Band das Thrash Metal Publikum. Der zweite Punkt der erfüllt werden muss, ist der Getränkenachschub des Hopfentees. Und dies hat definitiv noch Ausbaupotential, mag sein, dass beim Open Air Frauenfeld nicht so viel Bier konsumiert wird wie bei einem Rockfestival, aber dass teilweise 45-60 Minuten Anstehzeiten entstanden geht gar nicht. Nicht vorzustellen, wenn dann die 11’000 Gäste auch noch auf Platz gewesen wären. Gut fand ich, dass die Medienleute ihren separaten Eingang hatten und so auch relativ schnell auf Platz waren. Nur sollte dann auch auf Platz organisiert sein, wo sich diese hinbewegen sollten. Deshalb mein Dank auch an den Kollegen Ralf Wyssenbach, der beim OITG im Auftrag von Just Pictures unterwegs war. Er hatte das Pech als erster vor Ort gewesen zu sein und fand dann selbst heraus, wo sich die Presseleute hinbewegen durften. Vielen Dank auch an Ralf, dass er den nicht vorhandenen Strom organisierte, den Medienleute nun mal einfach brauchen, um schnell die ersten Bilder hochzuladen. Auch wäre es schön, wenn ein Sicherheitsperson abgestellt würde, die das Equipment bewacht, wenn sich alle Fotografen im Fotograben befinden. Es gibt also noch in den Details nachzubessern, ansonsten würde ich es begrüssen, dass das Out In The Green eine Fortsetzung finden würde.