Es ist anfangs Juni und traditionsgemäss beginnt somit für mich die Sommerfestival Saison. Diesmal werde ich mich sogar etwas sportlich betätigen in Interlaken. Anders als andere Jahre packe ich mir nämlich noch das Fahrrad ins Auto, um mir den halbstündigen Fussmarsch vom Hotel zu ersparen. Ende des Festivals stellt sich dann sogar heraus, dass dies die wohl beste Idee überhaupt ist. Auch wenn ich nun in drei Tagen mehr Kilometer mit dem Rad mache als die letzten wohl fünf Jahre insgesamt. Also ab nach Interlaken. Die Anreise in diesem Jahr ist zwar nicht so prickelnd. Stau, Umleitungen und Strassensperrungen dehnten die Anreise zwar aus, bringt jedoch meinen Zeitplan nicht durcheinander. Auch aufgrund dessen, dass bei der Registration, da wo ich meinen Pressepass abholen kann, niemand in der Schlange steht und ich da zügig meinen Pass abholen. Ich bin so früh dran, dass ich in meinem Hotel, welches ich seit ein paar Jahren, jeweils gleich wieder für das Folgejahr buchen, nachfragen muss, ob das Zimmer schon bereit ist. Was es tatsächlich schon ist. Also Zimmer beziehen und bereit machen meinen ersten Ritt mit dem Rad in Richtung Gelände in Angriff zu nehmen, damit das Unterfangen Greenfield 2025 starten kann.
Die ersten Begrüssungen finden statt, gibt es doch einige Fotografen und Medienvertreter, die ich nur einmal im Jahr hier in Interlaken antreffe. Dann geht es aber auch schon los mit den Alphornbläser, die wie jedes Jahr das Festival mit ihren urchigen Instrumenten eröffnen. Zu beneiden sind die Instrumentalisten nicht in ihren Trachten, denn die Sonne brennt bereits ganz schön deftig auf das Gelände, Sonnenschutzfaktor unendlich ist angesagt will man nicht aussehen wie die Erdbeeren die ich ein paar Tage zuvor noch im heimischen Garten gepflückt habe. Aber in diese Berner Oberländer Bergwelt passt einfach nichts Besseres rein als das Alphorn. Es haben sich auch bereits ein beachtliche Anzahl Fans vor der Bühne eingefunden, die vermutlich zwar mehr auf den ersten «wirklichen» Act des Tages warten. Aber wie jedes Jahr wird, bereits jetzt der erste Circle Pit zelebriert und gerudert wird auch schon als wäre man am Boat Race auf der Themse in London.
Dann geht der eigentlich Festival-Marathon für mich erst richtig los. Ziel ist es wieder möglichst alle 37 Bands auf die Speicherkarte zu bannen, ob es gelingt, dazu komme ich dann am Schluss des Berichtes, den es gibt immer wieder ein paar Hürden zu nehmen, um dieses Unterfangen in Realität umzusetzen und auch eine Prise Glück. Dies bedeutet aber auch wie jedes Jahr es wird, viel Weg absolviert, wenn man zwischen Jungfrau und Eiger Stage hin und her wechselt. Dabei bleibt oft nicht die Zeit übrig die man gerne einer Band schenken möchte, deshalb jetzt schon sorry, wenn ich nicht jede Band in diesem Bericht erwähnen sollte oder die nötige Aufmerksamkeit schenken kann. Anders als bei einigen anderen grösseren Medien auf Platz ist The Art 2 Rock nach wie vor ein Ein-Mann-Unterfangen und ich kann (und will) die Arbeit nicht aufteilen. Eigener Chef zu sein hat auch Vorteile. Mittlerweile stehen also Betontod auf der Bühne. Die Band gibt es nun auch schon seit 25 Jahren. Wieso sie nicht später im Billing stehen, erklärt Sänger Oliver auf dem überstellten Polizeiwagen gleich selbst. Man überlässt auch mal den Newcomern einen guten Startplatz und lassen andere den Headliner spielen. Natürlich mit einem Augenzwinkern. Für den Veranstalter ist es jedoch schon mal gut, wenn eine bekanntere Band ein Festival eröffnet, so hat man bereits am Anfang eine beachtliche Schar Fans vor der Bühne, die der Hitze trotzen und schon mächtig abgehen. Gleiches geschieht auch auf der kleineren Eiger Stage, da gehen in der heissen Nachmittagssonne Sickret ans Werk. Hier brennt die Sonne sogar noch etwas mehr, selbst auf der Bühne ist man hier nicht sicher, da sie ziemlich frontal in die Gesichter der Protagonisten brennt, während das Publikum sie im Nacken hat. Wohl dem der sich nicht nur die Arme mit Sonnenschutz eingerieben hat. Wie schon in den letzten Jahren bleibt mir leider nicht viel Zeit vor der Eiger Stage stehen zu bleiben, will ich rechtzeitig vor der grossen Bühne stehen, um auch dort wieder Fotos zu machen. Deshalb kommen in diesem Bericht ein paar Bands etwas zu kurz. Es dehnt sich zwar jeweils mit dem späteren Verlauf des Abends. Das Nachmittagsprogramm jedoch ist etwas eng gerechnet.
Das Greenfield Festival hat jedoch nicht nur auf diesen beiden Bühnen viel zu bieten. Ausserhalb des Konzertgeländes befindet sich auch ein grosser Mittelaltermarkt, ebenfalls mit Live-Musik und eindrücklichen Feuershows, Spannferkel und was auch immer dazu gehört. Die folgende Band Subway To Sally wehrt sich zwar dagegen dem Mittelalter-Rock zugeschrieben zu werden, sind sie doch vielmehr eine Folk-Rock Band. Auch wenn die Parallelen nicht wirklich von der Hand zu weisen sind. Bei der Potsdamer Band kommen nun auch zum ersten Mal die installierten Gimmicks wie Funkenregen und CO2 Kanonen zum Einsatz. Hier beim Greenfield sehe ich die gar nicht mal so gerne. Die Bühne ist für die Fotografen sonst schon sehr hoch und beschränken die Sicht zum Schlagzeuger sehr. Durch die Gerätschaften zur visuellen Untermalung wird die Bühne einfach gut und gerne noch einmal einige Zentimeter höher und der Winkel verengt sich. So kommt man fast nicht drum herum auf die Barriere zu steigen um in die Tiefe der Bühne zu fotografieren. Danke an diese Stelle dem Publikum, die während den ersten drei Songs uns jeweils auch hochlassen, ich frag da immer schön nett und höflich, ob ich hoch darf, was im Normalfall immer bejaht wird. Die nächste Band auf der Eiger Stage sind Altbekannte. Annisokay habe ich bisher schon einige Male gesehen und mir gefallen die Jungs schon seit Anbeginn der Tage. Der Wechsel zwischen den Shouts und dem cleanen Gesang empfinde ich als sehr ausgewogen und was für mich fast noch mehr zählt, sehr melodisch. Da ich die Band wie geschrieben nicht zum ersten Mal sehe, belasse ich es bei den drei Songs im Fotograben und mache mich auf den Weg zur grossen Bühne. Dort werden schon bald Spiritbox auf den Brettern die die Welt bedeuten stehen und ich bin auf die mit einigen an Vorschusslorbeeren ausgestatteten Kanadier gespannt. Angeführt von Courtney LaPlante bin ich letztlich aber doch eher enttäuscht. Ja die Frau hat ein durchaus gewaltiges Organ, aber das war es dann auch schon. Courtney tigert zwar immer etwas hin und her auf der Bühne, ihre übrigen Mitmusiker bleiben dann aber wohl eher auf ihrem Wohlfühlquadratmeter stehen. Wäre nicht noch dieser grosse LED-Screen, ich würde es als gähnend langweilig empfinden. Wenn ich ins Feld vor der Bühne schaue, hört man zwar eher andächtig zu, mitfeiern geht jedoch definitv anders.
Das es anders geht zeigen Stray From The Path auf der Gegenseite wo Frontmann Andrew die Bühne regelrecht einverleibt. Was ich mich immer wieder frage, weshalb haben all diese -Core Bands eigentlich keine Funkmikros. Bei den Ausflügen ins Publikum ist dies doch nur hinderlich. Ich glaube aber auch, dass das Kabel schlicht als Showelement beigezogen wird. So wie hier auf der Bühne schwingt, da wird das Kabel in der Gegend rumgeschwungen man könnte meinen es wird zum Massen-Seilspring-Wettbewerb eingeladen. Nun aber kommt der Moment den glaubte wohl nie erleben zu dürfen. Die Sex Pistols kommen auf die Bühne. Dass ich dies noch erleben darf. Bekanntlich können sie nicht mehr ganz in der Originalbesetzung auftreten, dreiviertel sind jedoch noch dabei. Verstärkt hat man sich mit Frank Carter, der, um es vorwegzunehmen, seinen Job perfekt macht. Was waren die Pistols in meiner Jugend doch für Idole. Neben den Ramones und Anderen definitiv eine Einflussquelle meiner ersten eigenen Band namens die bergsteigenden Milchkühe. Nun stehen sie also da, oben auf der Bühne. Paul, Glen und Steve Jones, den ich auch für seine Arbeit mit dem von Duran Duran bekannten Andy Taylor sehr schätze. Frank macht zwar schon bald, nämlich bereits beim vierten Song, dem besten je geschriebenen Punk Song Pretty Vacant einen längeren Ausflug ins Publikum. Das kann auch ich mir nicht entgehen lassen und mache sogar mit der Kamera beim Circle Pit mit, um mich ins Innere zu schmuggeln um da ein paar Schnappschüsse zu machen. Mit einem breiten Grinsen auf meine punkige Vergangenheit verfolge ich mir dann den Rest der Show vom Seitenrand. Da erlebe ich auch wie Frank Carter zum massiven Circle Pit rund um das FOH einlädt, hier mache ich dann nicht mehr mit, aber der Pit geht wirklich rundum. Die alten Säcke, die wohl mehr als die Hälfte der anwesenden Bands, wie Frank Carter richtig erwähnt, beinflusst haben dürften, lieferten astrein, ach war das geil. Wenn wir doch gerade beim Punk sind, auf der anderen Seite spielen Me First And The Gimme Gimmes, mit dabei mit C.J. Ramone eine weitere Ikone meiner Jugend am Bass. Die etwas älteren Herren spielen nicht zum ersten Mal auf dem ausrangierten Flugplatz von Interlaken und wissen genau wie es geht um mit dem Stile angepassten Coversongs das Publikum um den Finger zu wickeln. Haben früher die Ramones mit ihrem bekannten one, two, three, four die Songs eingezählt. Macht es Sänger Sean Slawson ähnlich in dem er auf deutsch!! sozusagen durchnummeriert. Was relativ gut funktioniert bis zur sechs, nachher verlasse ich das Gelände wieder in Richtung Hauptbühne. Bei Riders In The Sky schwingt sich Sean auch noch behende in einen grossen pinkigen Schwimm-Flamingo. Ja ein Schmunzeln kann sich hier kaum einer verkneifen.
Bereits beim Co-Headliner des Abends angelangt wird von Powerwolf zur Power Metal Messe gerufen. Auf einem Podium erscheint Prediger Attila Dorn eingehüllt von viel Rauch auf der Bühne. Ich habe die Saarländer mittlerweile schon einige Male live gesehen und die Auftritte sind an Theatralik kaum mehr zu überbieten. Es kommt alles zum Einsatz was zu einer eindrücklichen Liveshow gehört, massig Feuer, auch mal ein wenig Weihrauch und ein beeindruckende Filmchen auf der LED-Wand. Zudem lässt die mehrstufige Bühne viel Spielraum in der Bewegungsfreiheit der Musiker die sie auch zu nutzen wissen. Oft finde ich die Theatralik zwar etwas gar überspitzt und einstudiert, immer wieder sind jedoch die Ansagen von Attila ein Genuss auch wenn man einige davon schon desöftern gehört hat. Aber mit seinem Akzent kommt auch das mystische nicht zu kurz. Ich möchte nur gerne wissen ob er den Akzent auch Abseits der Bühne hat, sprich er wirklich so redet. Den eines muss hier wieder einmal erwähnt werden, er kommt nicht aus den Karpaten, er ist gebürtiger Saarländer. Die in den Anfangsjahren kursierende Geschichte war nur eine gut gestrickte Story. Auf der Eiger Stage geht es langsam dem Feierabend entgegen. Thrice machen da das Schlusslicht. Obwohl Licht eher Mangelware ist bei der Band aus dem Sunshine State Kalifornien. Entweder sie lassen sich nicht gerne fotografieren oder sie wollen es einfach so haben. Mir ist in den letzten Jahren vermehrt aufgefallen, dass gerade auf der Eiger Stage die jeweils letzten Band sich nicht gerade ausserordentlich im Licht präsentieren möchten. Ist aber grundsätzlich natürlich okay. Sie starten hier ihre Europatour und dies gleich eindrücklich mit viel Druck und Energie, zudem kann Hardcore durchaus auch melodiös sein.
So der erste Tag am Greenfield geht zu Ende und es steht mit Electric Callboy noch genau eine Band aus. Ich fange mal so an, sie haben ihren Job als Headliner perfekt erledigt, die Massen im Griff gehabt und dem Partyvolk geboten was sie wollten Party. Ich bin froh ist Musik Geschmackssache und nicht alles muss auch mir Gefallen. Das war vor drei Jahren schon so, als sie kurz nach der Namensänderung im Nachmittagsprogramm an derselben Stätte auftraten. Innerhalb drei Jahren sind sie nun also hier zum Headliner avanciert, mit ihrem Ballermann-Metal (Ich habe nachgeschaut, ich habe es vor drei Jahren schon so betitelt). Ob gerechtfertigt oder nicht, ich habe es eingangs geschrieben, sie haben ihren Job gemacht. Wer aber 4 (Vier !!!) Coversongs und einen featuring Song ins Set packt, ist kein Headliner für ein Festival dieser Grössenordnung. Was aber auch wieder ganz klar meine persönliche Meinung darstellt. Ich meine als Hommage an den alten Arbeitsgeber von Neo-Zugang Frank Zummo, einen Sum41 Songs ins Programm nehmen geht voll in Ordnung, aber der Rest. Die Party wird noch umrandet von massig Pyro und Konfettiregen inklusive Feuerwerk, dass selbst Sabaton blas aussehen würden, hat für mich den Charakter einer 1. Augustband. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass das Durchschnittsalter am Greenfield bei ca. 25 Jahren liegt. Wenn dies also die Zukunft der immer rarer werdenden «echten» Headliner ist, dann bin ich wohl zu alt für solche Geschichten. Aber wie geschrieben, sie hatten das Publikum im Griff, waren vom Publikum selbst begeistert, wie ich an der Pressekonferenz zwei Tage später erfahren habe, also von seiten Greenfield als auch von seiten der Callboys alles richtig gemacht, Punkt.
Die Hitze setzt heute nochmals einen drauf, dies merke ich bereits im Hotel, was mich am Vormittag gemütlich auf den grosszügigen Rasenplatz hinter dem Hotel an ein Bistro-Tischchen zurückziehen lässt, um dort schon einmal die ersten Bilder vom Vortag auszusortieren. Bald schon aber geht es wieder mit dem Rad zurück aufs Gelände. Auf Facebook-Post vom Vorabend über den Headliner hat auch schon Wellen geschlagen und ich werde verschiedentlich darauf angesprochen. Als Eröffner des Freitags hat man sich der bereits mehrfach auf dem Festival aufgetretenen Aarauer Band Selbstbedienung bedient. Ihr deutscher Punk Rock findet seine Anhängerschaft. Zwar sind noch nicht soviele auf dem Infield wie tags zuvor, was sicherlich auch der Hitze zuzuschreiben ist. Viele stehen auch einfach im Schatten beim grossen Zelt, welches halt doch einiges entfernt von der Bühne ist. Persönlich finde ich aber, dass die Band etwas verloren auf der grossen Bühne wirkte, was aber bei einer Dreier-Kombo die an ihre Mikros gefesselt ist, eher normal ist. Ganz anders auf der anderen Seite des Geländes, da stehen ebenfalls eine Schweizer Band auf der Bühne und hört auf den Namen Polar Shift. Zu sechst mit drei Gitarristen beleben sie die Bühne um einiges intensiver. Ihre Mischung aus modernem Metal, Djent und einigen elektronischen Elementen bringen sie schon beachtliches Leben vor die Bühne und gehören für mich zu den Überraschungen auf dem diesjährigen Billing. Da hätte ich gerne noch länger zugehört. Da wird bestimmt schon bald wieder ein Konzertbesuch anstehen bei mir, falls ich es dann terminlich einrichten kann.
Zurück vor der Jungfrau Stage fühle ich mich stimmungsmässig, dank dem grossen Backdrop, in ein irisches Pub hineinversetzt. Versengold aus Bremen versprühen hier viel Flair der irischen Insel. Das zeigt sich auch gleich beim Publikumsaufmarsch, irisch angehauchter Folkrock zieht einfach immer und stillstehen kann man dabei sowieso nicht. Die Musiker haben auch sichtlich ihren Spass hier aufzutreten und wirken auf mich als eine der authentischsten Bands des gesamten Wochenendes. Dabei sind sie, wie geschrieben, nicht einmal aus Irland. Als ob Sänger Malte und Violinist Florian auf der Bühne nicht schon warm genug hätten, kommen sie für ein paar Songs auch noch aufs Gelände und spielen mitten in den Fans, was die Stimmung sofort noch ein paar Celsius höher treibt. Natürlich darf der umgeschriebene Kissin’ Dynamite Hit in Form von The Devil Is A Barmaid. Der ist das Resultat einer Wettschuld mit den Schwaben aus dem Jahr 2022 und ist auch im folkigen Gewand ein echter Mitreisser. Von der auf der kleinen Bühnen spielenden Archers habe ich zwar ein paar Fotos gemacht, aber wirklich hängen geblieben ist mir nichts. The Ghost Inside feiern ein kleines Comeback hier in Interlaken. Ist zwar schon einige Jahre her, als die Kalifornier die Bühne hier rockten und nun erneut ihren Metalcore zum Besten geben. Vereinzelt bilden sich Moshpits aber so richtig will der Funken nicht zünden, dabei ist die Entflammtemperatur eigentlich relativ gering unter der brennenden Sonne. Wirklich motiviert wirkte die Band jedoch auch nicht und zeigt sich eher reserviert, oder sagen wir es mal so, energiesparend.
Ganz anders in Bewegung zeigt sich wieder einmal eine Band auf der kleineren Bühne mitten in der nicht mehr ganz so grünen Wiese. Die italienischen Ska-Punker Talco versprühen ab dem ersten Akkord einige unglaubliche Spiellaune. Wie üblich in dieser Stilrichtung angereichert mit Saxophon und einem Trompeter, der sein Instrument schon auch einmal als Luftgitarre einsetzt. Da der Boden nun mal eben nicht mehr ganz so grün ist, sondern eher staubtrocken, wir bei den wilden Circle-Pits vor der Bühne mächtig Staub aufgewirbelt, welcher den Aerosolen, die aus Kanada bis hierher reichen, den Garaus machen. Wäre vielleicht keine schlechte Idee gewesen den Blasbalg zum Ausblasen des Objektives mit in den Hosensack zu nehmen. Also geht es nach drei Songs zurück zum Mediencontainer um das Reinigungsgerät durch kräftigen Händedruck zu aktivieren. So feiert eine Band aus Italien mit italienischen Texten ihr 20-jähriges Jubiläum. Zurück mit gereinigtem Objektiv an der Jungfrau Stage bin ich gespannt auf Motionless In White. Sie waren für die, wegen Corona abgesagte, Ausgabe von 2020 vorgesehen gewesen. Selbst kenne ich die Band nur von Konserve, live habe ich sie noch nie gesehen. Die Amerikaner bringen ihren Metalcore jedoch weit souveräner unter die Leute als noch kurz zuvor The Ghost Inside. Optisch erinnern sie mich ein wenig an Marilyn Manson oder den DC Bösewicht Joker. Gerade Bassist Justin ist mit seiner Mimik klar der Fokuspunkt aller Fotografen im Graben. Die Band überrascht mich durchaus sehr positiv und zieht auch das Publikum in seinen Bann. Motionless in White sind definitiv eine Band die vermehrt in meiner Playlist zu finden sein wird.
Die nächste Band ist totales Neuland für mich. High Vis ging bisher komplett an mir vorüber und kenne auch noch keinen Song der englischen Hardcore Punk Band die mit einem adrenalingeladenen Sänger auf die Bühne kommen. Er hat in der Abendsonne auch schon ziemlich schnell zu warm und entledigt sich dem Shirt. Springt herum und schreit sich die Seele aus dem Leib, während seine Mitmusiker eher kühl bleiben und auch kaum eine Mine verziehen. Auf den nächsten Programmpunkt bin ich ja mal gespannt. Er hört auf den Namen Alligatoah und hat in einem komplett anderen musikalischen Genre seine Sporen abverdient, bevor er sich auf den Mond schiessen liess um dann als Metal-Musiker zurückzukommen. So in etwa der Schnellabriss über den Werdegang, welchen ich mir dann am Folgetag durch Kollege Domi vom Metalinside und seiner Freundin erklären liess. So weit so gut, dies kann ja durchaus gut gehen, gespannt bin ich auf alle Fälle. Die Bühne ist hergerichtet wie ein Grossraumbüro. Die Musiker versteckt hinter ihren Schreibtischen. Das Intro läuft und Alligatoah fliegt via Videoscreen auf die Erde, wo er dann von der Decke auf den Bühnenboden knallt. In einem dicken Pelzmantel, total falsch eingekleidet bei diesen Temperaturen, steht er nun da. Es wird ein skurriler Auftritt. Anfänglich ja durchaus noch ziemlich Metal-mässig, obwohl einen Schwarzwurzelbläser (Klarinetten-Spieler) habe ich doch noch nie auf einem Rockfestival gesehen, geht es dann leider immer mehr musikalisch zurück zu seinen Rap-Wurzeln zurück. Was mich aber noch viel mehr stört diese Zerstörungswut auf der Bühne. Mit einem Baseballschläger das Büro in Kleinholz zu schlagen, setzt für mich einfach die falschen Signale. Ich habe ihn nun gesehen, diesen LukasStrobel alias Alligatoah, werde es mir sicherlich nicht ein zweites Male antun und hoffe nicht, dass dies die Zukunft «unserer» Musik ist.
Ein paar Wassertropfen haben sich in der Zwischenzeit auch vom Himmel auf den Boden verirrt, obwohl wirklich angekommen sind sie nicht, die sind verdunstet, bevor der Aufschlag drohte, was es nun einfach noch etwas tüppiger auf dem Gelände machte. Dies entspricht dann vielleicht auch eher dem Klima von Monterrey in Mexico. Aus dieser Millionenmetropole stammen die drei Schwestern Daniela, Paulina und Alejandra Villarreal Vélez mit Jahrgängen allesamt in diesem Jahrtausend. Vor über 10 Jahren machten sie via YouTube auf sich aufmerksam und gingen vor allem durch die Coverversion von Enter Sandman viral, heute steht das Video bei über 26 Millionen Aufrufen und die Schwestern sind auch optisch kaum wiederzuerkennen (Hier das Video von damals https://www.youtube.com/watch?v=1boUYB9LFJY) Geblieben ist der Name The Warning und die Liebe zur Rockmusik. Und diese hat sie nun auf die Bühne des Greenfield Festivals gebracht. Nach dieser (für mich persönlich) musikalischen Entgleisung auf der Hauptbühne endlich wieder guter handgemachter Rock. Ich glaube auch, dass sich da viele danach sehnten, denn das Gelände vor der Eiger Stage war richtig voll und die Girls legten ein wahres Rockfeuerwerk auf Parkett. So geht das und langsam aber sicher bewahrheitet sich meine Aussage immer mehr, dass auf der kleinen Bühne die interessanteren Bands spielen. Es ist bereits weit nach 21:00h und es kühlt auch im Berner Oberland langsam ab, nicht aber auf der Bühne. Wer den Namen Heaven Shall Burn trägt ist schliesslich schon fast verpflichtet, Gebrauch von Pyro-Effekten zu machen. Auf den Auftritt bin ich besonders gespannt, aber auch dankbar, dass er überhaupt stattfinden kann. Vor Wochenfrist hat sich Sänger Marcus Bischoff an den Stimmbändern verletzt und musste seinen Auftritt absagen. Die Deutschen liessen sich aber nicht entmutigen und haben sich mit Hiraes Sängerin Britta Görtz einen Ersatz besorgt. Oder wie sagte es Maik so schön. Wenn bei den Männern was schief läuft muss es eine Frau richten. Also statt ein rotes Hemd steht nun eine komplett in schwarz gekleidete Powerstimme auf der Bühne, die verrückt genug ist in knapp zwei Tagen ein komplettes Co-Headliner Set einzuproben. Videos auf den Kanälen der Band zeigen, wie sie noch im Backstage Bereich des Festivals geprobt haben. Damit der Text sitzt, hilft der Teleprompter von Udo Dirkschneider aus. Was soll ich schreiben? Britta hat ihren Job nicht nur bravorös gemeistert. Nein sie hat das Publikum mit ihrer sympathischen Art erobert und auf der ganzen Linie die Maximalpunktzahl verdient plus 1. Bei Spinal Tap würde die Skala jetzt auf 11 gehen, statt nur auf 10. Die Wellen der Crowdsurfer lässt die Security dann aber nochmals schwitzen.
Was selten vorkommt bei der Eiger Stage, dass die sehr freundliche und respektvolle Security vor dem nächsten Auftritt zu einem kurzen Briefing einlädt. Landmvrks aus Marseille kündigen nämlich an, dass sie nach dem zweiten Song die Massen zum Crowdsurfen auffordern wird. Der Platz im Fotograben vor der Eiger Stage ist zwar relativ gross, wir werden aber gebeten, dann näher an die Bühne zu stehen. Ich handhabe dies dann jedoch ein wenig anders und verlasse den Fotograben nach dem zweiten Song, so dass die Jungs ungehinderter ihren Job erledigen können. Ja der Aufforderung der Franzosen wird Folge geleistet und sie werden ihrer Rolle als Headliner der kleinen Bühne mehr als gerecht, die sollte man unbedingt einmal live erlebt haben. Es ist jetzt aber Zeit für den wirklichen Headliner in Form von Avenged Sevenfold, oder kurz A7X. Im letzten Jahr waren nicht wenige enttäuscht, als die Amerikaner, die gar nicht so oft in der Schweiz sind, quasi zeitgleich mit dem Greenfield ihre eigene Headliner Show in der St. Jakobshalle in Basel absolvierten. Hier zeigt sich aber auch gleich das Problem, vor einem Jahr holten sie knapp 3’000 Besucher nach Basel, ist dies genug für einen Headliner Auftritt an einem Festival mit 25’000 Besucher pro Tag? Ich meine Nein. Zumal die Band mit ihrem letzten Album nicht wirklich zu überzeugen weiss und immer noch von den Qualitäten des Millionenseller Album Hail To The King lebt. Aber vielleicht überzeugen sie mich ja heute Abend. Die Bühne wird schlicht gehalten und wird umrandet von riesigen LED-Wänden. Als es nach einem Intro mit Game Over losging, einem Song vom letzten Album, denke ich mir, jetzt ist aber echt Game Over. Der ansonsten sympathische Frontmann Matthew Sanders aka M. Shadows betritt die Bühne in einer Sturmmaske. Obwohl betreten ist wohl der falsche Ausdruck, mehrheitlich kniet er noch hinter den Podesten und ist visuell kaum sichtbar. Zudem fühle ich mich leicht entsetzt, als er mit seiner Stimme so ziemlich jeden Ton verhaut, bin ich den jetzt in einem Proberaum oder wie? Auch der zweite Song Mattel nicht viel besser, aber immerhin ohne Gesichtsbedeckung. Die Gesangsleistung wird dann zwar fortlaufend besser und es tut der Band gut packen sie Hail To The King schon sehr früh ins Set. Ansonsten hätte ich wohl nicht garantieren können, dass sich das Infield nicht schon früher verabschiedet. Ich hör mir das Konzert bis zum Ende an, finde den Anschluss jedoch nie und kann mich bis zum Schluss nicht für das Gebotene begeistern.
Der letzte Tag in Interlaken steht an und auch heute gibt es wohl mehrheitlich Sonnenschein, vielleicht einmal mit einem kleinen Gewitter gegen Abend. Dies kümmert mich am Morgen jedoch noch nicht wirklich. Das Wetter macht ja eh was es will und von daher kümmere ich mich erst einmal um die Pressekonferenz die wie jedes Jahr am Samstag kurz vor Mittag einberufen wird. Auf dieser wird nochmals auf den Festivalbetrieb eingegangen, der bisher mehrheitlich gut verlaufen ist. Zu erwähnen ist aber der neu geschaffene Rockfond durch die Greenfield Festival Stiftung. Dies erklärt dann wohl auch die Erhöhung des Gästebeitrages für alle die bei der Gästeregistrierung ihren Pass abholen können um CHF 5.- auf nue CHF 25.-. Im Rahmen des Rockfonds können sich Bands melden für eine Finanzierung ihrer Projekte bis zu CHF 20’000.- über welche der Stiftungsrat entscheidet. Das Festival ist bemüht die Schweizer Szene zu unterstützen und wer weiss, vielleicht schafft es irgendwann eine Band sich zu einem internationalen Headliner hochzuarbeiten. Ebenfalls wird ein Ausblick auf 2026 gemacht und das Durchführungsdatum auf den 11.-13. Juni 2026 festgelegt, Zum Zeitpunkt der Medienkonferenz sind bereits alle verfügbaren Wildcards ausverkauft und der der VVK der Early Bird Tickets beginnt.
Pünktlich um 13:30h starten die Zuger Mindcollision den Tag. Übrigens ein grosses Kompliment an die Stage Manager, die es über alle drei Tage schaffen, jede Band absolut pünktlich beginnen zu lassen ohne auch nur eine einzige Verzögerung, was sicherlich auch nicht immer einfach ist. Auffällig bei Mindcollision ist sicherlich, dass sich im Publikum diesmal relativ viele Kinder befinden. Ich glaube da hat die Band ihre kompletten Familien mitgeschleppt nach Interlaken. Ich erspähe nämlich unter den Gästen diverse Pamir tragende Nachwuchsrocker korrekt eingekleidet in Band-Shirts von Mindcollision. Dass der Name der Band auch weiterhin in die Welt getragen wird, sorgt die Band gleich selbst, die sehr spendabel ihren Merch von der Bühne aus ins Publikum wirft. Der Tag ist also endgültig lanciert und auf der Eiger Stage steht bereits die nächste Schweizer Band aus Lausanne bereit. Dry And Shattered sind in der heissen Mittagssonne vollgepumpt mit Adrenalin und lassen dies auch ungehindert aufs Volk los. Nicht nur die Boxentürme werden erstürmt. Bereits beim zweiten Song findet sich der Sänger im Publikum wieder und lanciert hier schon einmal die ersten Moshpits. Relativ früh im Programm stehen auf der Jungfrau Stage die Ukrainer von Jinjer auf der Bühne. Dreh- und Angelpunkt und in der Band natürlich die mit einem gewaltigen Stimmorgan ausgestattete Tatiana. Der Sound von Jinjer ist seit jeher ein wilder Stilmix aus den unterschiedlichen Genres. Kollege Danny von Rocknews.ch meint danach, kann man von Tatiana eigentlich schlechte Fotos machen. Top gestylt weiss sie in der Tat nicht nur mit der Stimme zu überzeugen, sonst setzt auch ihr Äusseres perfekt ins Bild. Ihre Mitmusiker sind ebenfalls ein Klasse für sich, auch wenn ich finde, dass der Bass definitiv zu hoch am Körper hängt. In den letzten Jahren habe ich die Band nun schon ein paar Mal live gesehen, sie weiss zwar zu überzeugen, mich abholen kann sie jedoch nicht wirklich, dafür ist es mir zu progressiv und die Songs, so finde ich, bieten einfach zu wenig Abwechslung.
Gespannt bin ich nun auf den Auftritt von Lord Of The Lost. Ich glaube es zwar kaum, aber ich sehe die Band heute zum ersten Mal live. Sie haben, so Frontmann Chris Harms sogar die Bühnenshow etwas umgestellt. Diese Aussage ist mit einem Augenzwicker an den im Rollstuhl sitzenden Pi gerichtet, der sich aufgrund eines Sehnenproblems, wenn ich richtig hingehört habe, so über die Bühne karren lässt. Auffällig ist hier der Spass der Deutschen, den sie an dem Auftritt haben und dadurch sehr sympathisch rüberkommen. Ein wenig Abkühlung kommt dann in Form eines kurzen Regengusses, der dafür sorgt, dass es auch in diesem Jahr mindestens einmal regnet. Ebenfalls auffällig sind die vielen veritablen Hits, über welche die Band verfügt. Auch wenn ich mir die Band bisher nie wirklich bewusst angehört habe, kommt mir fast jeder Song irgendwie vertraut vor und lässt mich daher fast das komplette Set über vor der Bühne verweilen. Das war richtig gut was da abgeliefert wurde. Am Morgen freute ich mich noch darüber, heute keine wirkliche, stilistisch musikalische Entgleisung erfahren zu müssen. Bis zu dem Zeitpunkt, als die Punk-rock Band Adam Angst krankheitsbedingt ihren Auftritt absagen mussten. Das Greenfield hat aber sehr schnell in Berlin einen Ersatz gefunden und mit Bluthund eine Crossover Band ins Berner Oberland gelockt. Kollege Ivan meint dann, da hast Du sie wieder diese Entgleisung. In weissen Masken gekleidet stürmt das Trio die Bühne und auch das Infield. Als der Regen dann etwa stärker einsetzt bin ich dann aber weg, das ist echt nichts für meine Ohren. Auch wenn ein gewisser Joakim Brodén einmal ein featuring mit der Band hatte, glaube ich nicht, dass Kollege Kaufi Fan vom ganzen gewesen wäre. Ich kann mir gar nicht ausmalen was er über die Band gesagt hätte, wäre er anwesend. Respekt verdienen sie jedoch trotzdem, dass sie so kurzfristig verfügbar und eingesprungen sind. Ich hätte hier aber lieber eine zum Festival passende Band wie Royal Desolation gesehen.
Zurück an der Jungfrau Stage steht der Kanadier Grandson auf der schlicht gehaltenen Bühne. Er strahlt als Person viel Charisma aus, bindet schon früh das Publikum mit ein, indem er meint eine Grandson Show ist nicht irgendein Konzert einer Band auf der Bühne, sondern ist ein Verbundenheit zwischen Publikum und Musiker, eine Einheit, Zitat: «My Voice is your voice». Fesselt er mich am Anfang noch an die Bühne, flacht das Interesse dann aber doch relativ schnell ab. Ich bin ja grundsätzlich nicht ein Fan von politischen Ansagen zwischen den Songs, Grandson benutzt die Bühne dann aber doch für relativ ausufernde Wutreden. Ich meine er hat das Kind beim Namen genannt und eigentlich auch nichts schön geredet. Das Donald Trump an diesem Tag auch noch Geburtstag hat darf nicht unerwähnt bleiben, was er von ihm hält auch nicht. Aber eben will ich Politik hören gehe ich auf eine Politveranstaltung und nicht an ein Rockfestival. Zurück zur Musik, wie geschrieben mein Interesse flacht dann doch relativ schnell ab. Generell habe ich aber den Eindruck, hier den Eminem der Rockmusik auf der Bühne zu sehen. Also ab einmal mehr der Fressmeile entlang ans andere Ende des Geländes. Schliesslich muss ich ja wieder auf meine 11 Kilometer kommen. Genau soviel hat mein Schrittzähler die beiden Vortage rausgespuckt, da soll einer sagen, ein Festivalbesuch sei ein Kindergeburtstag, dass ist Hochleistungssport, meine Lieben. Hier an der Eiger Stage stehen nun ein paar ältere Herren auf der Bühne. Good Riddance heisst die Band und zelebrieren den guten alten amerikanischen Punk der auch schon einmal ein paar Hardcore Einflüsse beinhaltet. Da sich aber so langsam der Hunger kund tut, mache ich mich auf zum Futterstand.
Als Desert warten dann nämlich die Donots auf der Bühne, die bereits zum achten Mal das Greenfield beehren, dabei jedesmal für eine kleinere oder grössere Überraschung gut sind. Leicht ungläubig stehen bei der Ansage zum dritten Song alle Fotografen im Fotograben und trauen ihren Ohren nicht. Lädt uns jetzt tatsächlich Sänger Ingo Knollmann auf die Bühne ein? Ja er tut es wirklich und schon beginnt die Kletterei über die Boxentürme auf die Bühne. Was für ein Erlebnis. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er im voraus dies mit seinen Mitmusikern abgesprochen hat, ich glaube nicht, wenn ich den grinsenden und händeklatschenden Bassisten so auf der Bühne miterlebe. Auch der weitere Verlauf ist ein Genuss und Sprüchen von seitens der Band nicht zu toppen. Ja sie gehen sogar für uns ins Gefängnis, wird da erzählt. Nachdem die Fotografen dann wieder unten sind begibt sich Ingo auch gleich selbst ins Publikum und surft über die Köpfe hinweg. Als dann noch der Twisted Sister Klassiker We’re Not Gonna Take It, denn ich zu Hause noch als Maxi-Single im Plattenregal stehen habe, angestimmt wird, wird natürlich lauthals gesungen. Auch wenn wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Anwesenden noch nicht auf der Welt war, als der Song im Original erschien. Emotional noch im Höhenflug schwebe ich quasi wieder quer über das Gelände um zusammen mit Starset abzuheben. Die Band habe ich bisher auch noch nie live gesehen. Dabei sind sie gar nicht so selten in der Schweiz, die letzten beiden Jahren beehrten sie Zürich jeweils mit Headliner Shows. Und hey, es haut mich echt um, wie geil ist das denn bitte schön. Dabei lasse ich mich nicht von den eingesetzten Pyros einlullen. Nein die Amerikaner bitten eine astreine Alternative Rock Show ganz im Stile der von mir hoch geschätzten Breaking Benjamin. Da bleibe ich doch gerne etwas länger vor der Bühne stehen und gehe wirklich erst auf den letzten Drücker runter zum Co-Headliner.
Und da stehen die Vorreiter des Göteborger Melodic Death Genres auf der Bühne. In Flames zeigen einmal mehr eine grundsolide Metal-Show wie man es von ihnen erwartet. Der Sound astrein und glasklar, die Lichtshow beeindruckend und trotzdem zurückhaltend ohne unnötigen Firlefanz. Auch wenn die Stimme von Anders Fridén mit zunehmender Dauer merklich nicht mehr ganz Schritt zu halten vermag. Es ist immer noch das eindrückliche Schaffenswerk der Schweden, obwohl ja löngst nicht nur noch Schweden in der Mannschaft stehen, das zu Begeistern vermag. In Flame ist live immer noch eine Macht und zurecht Co-Headliner an diesem Abend. Ehrlich gesagt hätte ich auch nicht gedacht, dass sie wirklich soviel Publikum vor die Bühne bringen werden. Wenn ich an letztes Jahr zurückdenke, als die Legende Machine Head vor merklich weniger Publikum ein Feuerwerk loslies.
So langsam neig sich das Festival dem Ende zu und nach drei heissen Tagen steht nun auf der Eiger Stage mit Cemetery Skyline bereits die letzte Band bereit. An der Pressekonferenz heute vormittag wurde von einem Medienvertreter die Frage gestellt, weshalb diese Band so weit vorne im Billing steht. Für mich war es bereits vor dem Greenfield klar. Wer sich die Besetzungsliste der Band einmal genauer anschaut, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Das Beste aus der finnisch / schwedischen Melodic Death Metal Szene bildet hier wahrlich eine Supergroup, wie es doch so schön heisst. Mikael Stanne (Dark Tranquillity, The Halo Effect), Markus Vanhala (Insomnium, Omnium Gatherum), Santeri Kallio (Amorphis), Victor Brandt (Dimmu Borgir) und Vesa Ranta (Sentenced) haben sich vor einem Jahr zusammengefunden und flugs mit Nordic Gothic ein Album auf dem Markt geschmissen, dass sich sehen und hören lassen kann. Hier nun spielen sie ihren ersten Auftritt ausserhalb Finnlands. Wir ich aber feststellen muss, wissen noch viele nicht, wer alles in der Band steckt, sonst wäre der Publikumsauflauf wohl grösser. Nicht das es leer war im Infield, es hatte heute aber auch schon mehr Leute hier. Vielleicht will man sich aber auch einen vorderen Platz bei Slipknot sichern und lässt hier diese musikalische Offenbarung sausen. Was eindeutig ein Fehler ist. Ich erlebe hier das beste Konzert des gesamten Wochenendes. Mit Melodic Death Metal hat es überhaupt nichts am Hut, Mikael singt heute nur clean und wenn mal ein paar Growls von Nöten sind, überlässt der Mann am Mikro dies Markus. Musikalisch ist es irgendwo in der Schnittmenge von Sisters Of Mercy und HIM einzuordnen. Von den Stammbands der Musiker drückt vielleicht noch am meisten Amorphis durch, was an den Klangteppichen von Santeri liegen dürfte. Ich entscheide mich auf alle Fälle das komplette Konzert und der Band anzusehen.
Grund dafür ist Slipknot, ja ich war auch noch nie ein Fan der Band. Musik ist schliesslich Geschmacksache, dies habe ich an diesem Wochenende schon mehrmals erlebt. Nur wer verlangt, dass sich alle interessierten Fotografen bis 16:00h auf einer Liste eintragen, dann ein Management in Kalifornien darüber entscheidet war im beschaulichen Berner Oberland in den Fotograben darf, sich dann dazu entschliesst keine Fotografen (ausser ein offizieller vom Greenfield selbst) zuzulassen, kriegt auch kein Wort verloren über die Performance selbst. Im Gegenteil, ich mache mich dann während des ersten Songs so langsam auf den Weg zurück nach Hause, denn von Corey Taylor als «Motherfucker» begrüsst zu werden, so wie er es mit dem Publikum macht, kann ich ebenfalls verzichten.
Alles in Allem war es wieder ein herrliches Festival. Es hatte mit 75’000 Besuchern rund 9’000 Personen weniger auf dem Gelände als im Vorjahr. Dies sicherlich auch als Zeichen auf ein durchzogenes Line-Up, es gab nicht wenige Bands, die in der Post-Corona-Phase bereits zum zweiten Mal auf der Bühne standen. Slipknot waren bereits vor zwei Jahren Headliner und kam im letzten Jahr auch ins Hallenstadion, dies wohlverstanden ohne neues Songmaterial, die letzte Platte kam 2022. Die Headliner haben jedoch allesamt ihren Job erledigt und für Party gesorgt. Auch habe ich wieder ein paar Bands für mich entdeckt, dabei gibt es zu sagen, wie bereits im letzten Jahr, war für mich persönlich die kleinere Eiger Stage mit der besseren Qualität besetzt.