So langsam neigt sich die Konzertsaison 2024 dem Ende zu. Ich habe eigentlich nur noch gerade zwei Konzerte auf dem Plan und bei Veröffentlichung dieser Zeilen sind dann beide schon Geschichte. Als erstes sind aber die Dänen von D-A-D an der Reihe. Mit D-A-D ist es bei mir so eine Herzenssache. Schon früh bin ich Ende der 80er Jahre auf die Band gestossen. Schuldig war damals MTV, ein Fernsehsender der damals sich eigentlich ausschliesslich um Musikvideos kümmerte. Da sah ich eines Tages das Musikvideo zu Sleeping My Day Away. Der Song holte mich sofort ab, ins Auge gestochen aber ist mir Bassist Stig Pedersen der einen 2-saitigen Linkshänder-Bass bedient zudem noch in einem ausgefallenen Outfit. Den Vogel abgeschossen hat er dann aber im Clip zu Bad Craziness, mit geöffnetem Fallschirm und einem doch recht aussergewöhnlichem Custom Bass. Dieser schrille Paradiesvogel war sicherlich mit ein Grund, weshalb ich zur in den 90er Jahren zum Bass griff und mich anfänglich auch nur auf zwei Saiten quälte (vielleicht war es auch nur eine). Über die Jahre habe ich die Dänen, die ihren ursprünglichen Namen aufgrund einer drohenden Klage des Disneykonzernes ändern musste mehrmals live gesehen und vor allem auch mit Stig schon einige Worte gewechselt über Bassgitarren und auch auch über den bei einem schwedischen Sattler hergestellten Bassgurt. Stig, der eigentliche Gründer von D-A-D, gastiert nun heute Mittwoch zusammen mit seinen Mitstreiter Laust Sonne und dem Bruderpaar Jesper und Jacob Binzer im Konzerttempel der Schweiz, im Z7. Heute, im Gegensatz zu früher, bin ich das erste Mal mit einer Kamera vor Ort. Kann ja nicht sein, dass ich keine (brauchbaren) Fotos von einem meiner Idole in meinem Fotoalbum habe.
Also kurz nach der Arbeit, zu Hause vorbeischauen, Kamera packen und ab nach Pratteln. Ich bin ja so einer, der gerne zur Türöffnung schon vor Ort ist und dann gemütlich sich auf den Konzertabend einstimmt. Ist ja auch immer eine Freude die Fotografenkollegen zu treffen, mit ihnen einen Schwatz abzuhalten, ein wenig zu fachsimpeln oder ganz generell sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Den eines möchte ich festhalten, auch wenn jeder Fotograf im Graben sich bemüht, dass Killerphoto zu schiessen, ist es immer sehr angenehm untereinander, man kennt und respektiert sich gegenseitig. Eigentlich sind es nur bedingt Kollegen, viele davon sind auf der Stufe Freunde angekommen. Nun aber zum Geschehen auf der Bühne. Im Vorprogramm stehen heute The Hot Damn! auf dem Konzertplakat. Eine All-Girl-Band die ich bisher noch nicht kannte. Ihren Stil beschreibt die 2020 gegründete Band als einen Mix aus Rock, Pop und Fun. Dann bin ich ja mal gespannt was uns Sängerin Gill Montgomery, Gitarristin Laurie Buchanan, Bassistin Lzi Hayes und Schlagzeugerin Josie O’Toole den nun aus diesem Potpourrie zu präsentieren vermögen. Ich habe gelesen, dass sie versprechen, dass der Zuhörer mit dem Tanzen anfängt, bevor er es überhaupt weiss. Klingt also nach einem idealen Partyeinstieg in den Abend. Dann stürmt diese Bunte Truppe mit „Fizz Buzz Crash“ und den Begleitworten; „okay you sexy motherfucker“ die Bühne, kann man machen aber aus der Reserve holt mich dies noch nicht, dass Bein Tanz noch nicht und das grosse Einhorn auf der Seite irritiert mich aktuell auch noch ein wenig. Aber mit der Zeit gewinnt die Band etwas an Boden und wirkt immer interessanter auf mich. Erinnern tun sie mich dabei stetig irgendwie ein wenig an ihre Landsfrauen von Fuzzbox (kennt die eigentlich noch jemand). Was dann aber der absolute Oberbrüller ist, wie sie ihr Merchandising ankündigen. Sie spielen einen „Merch Song“. Sowas habe ich nun aber wirklich noch nie gehört. Auch wenn das Einhorn mehrmals schlapp macht und sich hinschmeisst, so schlimm ist es wirklich nicht. Als mit „I didn’t like you anyway“ der letzte Song gespielt wird, kann ich dies überhaupt nicht erwidern, The Hot Damn! werden zwar nicht zu meiner Lieblingsband, aber aus dem Weg gehen werde ich ihnen bestimmt nicht. Die Engländerinnen, die heute zum ersten Mal in der Schweiz gespielt haben, werden dank ihres engagierten Auftrittes garantiert Fans dazugewonnen haben.
Nach der rund halbstündigen Umbaupause kommt mit D-A-D nun aber die Band auf die Bühne die an einem Mittwoch Abend mit rund 800 Gästen ihren 40. Geburtstag feiern möchte. Und die vier Herren lassen gleich zu Beginn nichts anbrennen und bringen schon einmal mit „Jihad“ den ersten Kracher und lassen gleich „Evil Twin“ folgen. Endlich habe ich die personifizierte Coolness vor der Kamera. Punkten kann Jesper Binzer auch noch mit seinem Vocabulaire von rund 20 Wörtern, wie er sagt, mit denen er es schafft doch einige recht ausgedehnte Sätze zusammenzuschustern und die Lacher auf seine Seite holt. Der grösste Aktivposten in der Band ist und bleibt jedoch ganz klar Bassist Stig Pedersen und ich bin gespannt wie die nicht vorhandene D-Saite auf seinen Bässen was er an Equipement den heute dabei hat. Diese unförmigen Instrumente der Marke Sandberg brauchen einen wohl einen eigenen Spezialtransporter um sicher von A nach B zu gelangen. Einen Blickfang stellt aber jeder davon dar, allen voran der Raketenbass aus dem Bad Craziness Video, der dann da aber trotzdem nicht zum Einsatz kommt, als der Song angezerrt wird. Wie geschrieben, D-A-D feiern Jubiläum und da werden auch wirklich uralte Songs ausgepackt. „Jonnie“ ist so einer, aus dem Jahr 1986, wurde bisher wirklich nicht gerade häufig vorgetragen. Da gerade in den Anfangstagen die Gesangsparts noch zwischen Jesper und Stig geteilt wurden, nachdem man Stigs Freundin nach nur einem Konzert wieder vom Mikrofon verbannte, singt Stig diesen Oldie aus den 80er Jahren. Da aktuelle Album „Speed Of Darkness“ ist zwar mit fünf Songs auf der Setliste vertreten, aber es ist genug Platz für gerade eben solche alten Geschichten. Und mit „The Ghost“ haben sie einen neuen Song im Gepäck der mich live mächtig abzuholen vermag und im Verbund mit „Grow Or Pay“ einfach perfekt passt. Die Zeit vergeht wie im Fluge und die Dänen ziehen von dannen. Wie bei kaum einer zweiten Band weiss man aber, dass dies noch nicht das Ende gewesen ist. Es ist nicht die Tatsache, das „Sleeping My Day Away“ noch nicht gespielt worden ist. Hier aber kommt nun der Raketen Bass ins Spiel und Jesper wünscht dem Publikum, dass es am nächsten Tag nicht arbeiten sollte. Nein es ist auch der Grund, dass mit „Laugh ’n‘ a 1/2“ noch die akustische Überballade gespielt wurde. D-A-D darf die Bühne einfach nicht verlassen, bevor nicht „It’s After Dark“ gespielt wurde und das Disneyland endgültig den Vorhang fallen lässt und gegen 23:00h ein rundum glückliches Publikum auf den Heimweg schickt.