Avantasia und ich ist so eine Geschichte. Als ich damals das erste Metal Opera bei meinem CD-Verkäufer des Vertrauens kaufte, sagte er nur; Dani, dass hier ist etwas für Dich. Ich schaute mir die Hülle an und dachte, okay, David De Feis ist dabei, dann wird das schon gut sein. Tobias Sammet war mir noch nicht wirklich ein Begriff, ich kannte zu diesem Zeitpunkt Edguy auch noch nicht wirklich, die Mandrake CD kam dann erst kurz nach der ersten Metal Opera in mein CD-Gestell. Als ich dann die CD ins Fach legte, das Intro über mich ergehen liess und dann mit Reach Out For The Light der erste wirkliche Track aus den Boxen dröhnte, war es um mich geschehen. Mit ein Grund war der damals als Ernie getarnte Michael Kiske Gastsänger. Die CD verliess eine ganze Weile nicht mehr meinen Spieler und enthält einige auch heute noch gespielte Klassiker neben dem schon erwähnten Reach Out For The Light, allen voran den für die Ewigkeit geschriebenen Song Farewell, damals noch gesungen von Sharon den Adel.

Als es dann hiess Avantasia gehe auf die Bühne war für mich klar, dass ich dies nicht entgehen lassen durfte. Avantasia waren dann auch der Grund weshalb ich am 5. Juni 2008 ans allererste Avantasia Konzert überhaupt nach Huttwil ging und mir ein Ticket kaufte. Damals schon kam Tobias Sammet mit einer ganzen Heerschar an Sänger angetanzt und ich vergesse den Moment nie mehr als er zusammen mit Jorn Lande Scarecrow zum ersten Mal live aufführte. Seit diesem Konzert vor elf Jahren habe ich Avantasia auf jeder Tour mindestens einmal live gesehen und solch grossartige Momente wie die Zusammenführung von Kai Hansen und Michael Kiske auf der Bühne miterleben dürfen. Alleine für die Grosstat müsste Tobias Sammet eigentlich schon einen Preis kriegen. Im Jahre 2019 angelangt, ist die erfolgreiche Nebenbeschäftigung Avantasia (Edguy ist ja immer noch die «Hauptband» von Tobi) zu einer richtig grossen Geschichte geworden und hat mittlerweile acht Studioalben veröffentlicht. Seit Scarecrow auch immer mit einer weltumfassenden Tour begleitet und anfänglich auch immer als die letzte Tour betitelt worden. Zum Glück blieb es nie bei diesem letzten Mal und Tobi kehrt immer wieder auch mit Avantasia zurück und hat auch merklich Spass, diese logistische Grossaufgabe jeweils zu stemmen. Zuletzt folgte über das vergangene Osterwochenende im Z7 in Pratteln gleich ein klassischer Hattrick. Drei Konzerte in Folge, davon zwei restlos ausverkauft, sowas gab es in Pratteln noch nie und wird wohl noch eine Weile dauern bis dies überboten wird. Drei Konzert von mehr als drei Stunden Dauer stehen die Protagonisten auf der Bühne, wobei sich nur die Sänger abwechseln. Die Musiker, dies muss hier jetzt auch mal erwähnt werden, stehen über die komplette Dauer auf der Bühne und leisten einen gigantischen Job ab. Einzige Verschnaufspausen die amüsanten und teils recht langen Ansagen von Tobias Sammet, man muss ihn einfach mögen den Tobi, ich nenn ihn dann oft liebevoll Labber-Tobi. Wer soviel Herzblut in die Avantasia Geschichte steckt wie der 41-jährige Musiker aus Fulda und dies dann mit soviel Spass auf die Bühne bringt der hat einfach nur allerhöchsten Respekt verdient und auch jede Zeit der Welt sein Meisterwerk auf der Bühne zu zelebrieren. Jeder Sänger auf der Bühne hat seinen eigenen Freiraum, kann tun und lassen was er möchte. Jorn Lande ehrt Tobias sogar mit dem Titel Shakespear der Rockmusik zu sein, unrecht hat er nicht, der Norweger und Weggefährte seit der ersten Avantasia Show, einzig auf der Mystery Tour fehlte er.

Nun also war er da, der Karfreitag und meine Ostermesse fand im Z7 statt. Erst gab es einmal ein bisschen AC/DC aus dem PA bevor dann mit Beethoven das eigentliche Intro folgte. Noch immer sah man jedoch nichts von der Bühne, den ein grosser Vorhang verdeckte die Sicht. Dieser fiel dann mit den ersten Klängen zu Ghost In The Moon und wir Fotografen durften nun auch in den Graben. Fototechnisch fand ich den Abend genial, eine gut gelaunte Band die von den ersten Klängen an mit dem Publikum interagierte und auch uns Fotografen immer wieder Aufmerksamkeit schenkte, zudem herrschten wieder einmal richtig gute Lichtverhältnisse. Das Z7 war bei Tobi schon immer hoch im Kurs und irgendwie scheint es auch heute wieder so zu sein, als würde er in sein zweites Wohnzimmer zurückkehren, kein Wunder bei dem ganzen Aufmarsch der heute und auch die nächsten Tage herrschte. Aber auch wie ich schon in einem früheren Interview gelesen habe, gibt es zwischen Tobi und dem Veranstalter eine besondere Verbindung. Deshalb kehrt Tobi auch immer wieder hierher zurück, denn er könnte zweifelsohne grössere Hallen in der Schweiz ausverkaufen. Dass Tobi dies nicht macht, rechne ich ihm aber hoch an, denn das Z7 zählt einfach zu den besten Konzertlokalitäten der Schweiz und besitzt auch ein absolut starkes Soundsystem, was für den ultimativen Konzertgenuss eben auch Matchentscheidend ist. Nach Ghost dann die erste Begrüssungsrede und die Ansage zum Kampf mit der Dezibelanzeige. Zudem klärte er gleich mal über das Programm auf; es gibt neuen Shit, alten Shit aber nicht viel langweiligen Shit, so Tobi. Dann kam als erster Gastsänger der Pretty Maids Shouter Ronnie Atkins auf die Bühne. Zu Ronnie gibt es auch nur Gutes zu berichten, ich habe ihn noch nie schlecht gesehen. Dann bei Book Of Shallows zeigt ein erstes Mal Adrienne Cowan was die neue Background Sängerin im Ensemble auf dem Kasten hat. Die Seven Spires Frontfrau besitzt ein Organ, da werden die Gehörgänge aber richtig wachgerüttelt. Locker beherrscht sie die Stimmpassagen von Mille (Kreator), im Verlauf der Show beweist sie mehrmals zu was sie aber sonst noch fähig ist, göttlich auch ihre gesungenen Passagen von Farewell. Ein erstes Mal ging Ronnie von der Bühne um Jorn Lande Platz zu machen. Dies nachdem Tobi die 12-minütige Singleauskopplung The Raven Child vom aktuellen Album angekündigt hatte. Eine Single die keine normale Plattenfirma veröffentlichen würde, aber Tobi ist ja auch nicht normal und setzt sich auch gegen diese Tatsache durch. Hauptsächlich wurden natürlich Songs vom aktuellen Moonglow Album gespielt so auch Invincible. Gesungen von Geoff Tate kommt der Song auf dem Album bei mir nur schwer in die Gänge, live hingegen war es für mich eines der frühen Highlights der Show. Der Song ist live der Kracher, wenn man so von einer Ballade überhaupt sprechen kann. Mit der Gestik des ehemaligen Queensryche Sängers jedoch wird der Song schon fast magisch. Die Sänger wechselten sich wieder ab, Eric Martin stand auf der Bühne und sang die Coverversion von Maniac. Ich war nie ein Fan dieser Nummer, was vermutlich mit einem Tanzfilm zusammenhängt, Tobi hat die Nummer jedoch ganz gut hingekriegt, zählt aber immer noch nicht zu meinen Favoriten. Ich hätte mir da schon eher einen eigenen Song gewünscht, dies aber ist dann wiederum Kritik auf allerhöchstem Niveau. Nach Eric wurde die Bühne frei für Tobis liebsten englischen Sänger, Bob Catley. Der Magnum Sänger ist in meinen Augen definitiv einer der charismatischsten Frontmänner überhaupt. Was der 71-jährige jeweils auf der Bühne zeigt ist einfach nur grossartig und gentlemanlike. Eines würde ich jedoch gerne einmal sehen. Gebt Bob einen Pinsel in die Hand und stellt ihn während seiner Performance vor eine Leinwand. Ich glaube da würden Wahnsinnsbilder des Ausdrucks entstehen die den Geist eines jeden Songs den er singt wiederspiegeln würden. Ich kann jetzt nicht auf jeden Song im Detail eingehen, dafür würden mir vermutlich irgendwann die Superlativen ausgehen. Aber als nach zwei Stunden Spielzeit das Monster Let The Storm Descend Upon You auf die Anwesenden losgelassen wird, waren auch meine Stimmbänder am Arsch und konnten nur noch mit malzhaltigem Getränk in Schwung gehalten werden, was für eine Riesennummer und was für eine Schande für meine Stimmbänder. Irgendwann tief in der Nacht war dann das offizielle Programm fertig und es kam zum Zugabenteil. Meine Stimme schon arg malträtiert konnte dann mehr schlecht als recht die Übernummer Farewell mitsingen, von singen kann ja nicht mehr die Rede sein. Danach kam es zum obligaten finalen Medley mit Sign Of The Cross und The  Seven Angels als dann alle Musiker auf der Bühne standen. Schade werden diese Nummer nicht mehr ausgespielt, aber irgendwann muss ja gut sein. Schliesslich könnte Tobi locker auch sechs Stunden auf die Bühne brettern, ohne dass es einem Anwesenden langweilig werden würde. Also ab zum Merchandising Stand um noch ein T-Shirt zu erwerben. Übrigens auch hier keine überrissenen Preise.

Es war einmal mehr eine absolut geniale Show von Avantasia, geprägt von Spielfreude und Humor auf der Bühne die sofort aufs Publikum übertragen und auch entsprechend abgefeiert wurde. Was ich auch noch hervorheben möchte, wie bei jeder Avantasia Show in der Vergangenheit, hier sind Weltklassesänger (und Musiker) auf der Bühne, die zusammen Millionen von Tonträger verkauft haben aber nicht ein einziges Mal drückt hier ein Ego durch. Auf der Bühne stehen, so könnte man meinen, die besten Kumpels die sich seit Jahren kennen und einfach mal so miteinander Musik machen. Dass ich diesen Spass ein weiteres Mal miterleben durfte, dafür möchte ich auch dem Z7 für die Akkreditierung danken und natürlich der kompletten Band die hier vermutlich eine meiner persönlichen Top 3 Shows des Jahres ablieferten. Ich freu mich jetzt schon wie ein kleines Kind auf das Wiedersehen am Bang Your Head Festival im Sommer.