Es ist eigentlich nicht möglich die lange, bunte und auch manchmal blutige Geschichte des Heavy Metals auf einen Zeitpunkt in der Geschichte zu reduzieren, an welchem er sich einer Wende unterzog. Aber wenn ich dazu genötigt würde, dann würde ich wohl als Wendepunkt das Jahr 1985 nennen, also vor 30 Jahren. Nicht nur weil ich in diesem Jahr meinen tieferen Zugang zur Musik gefunden habe. Nein, sondern weil sich die Stilrichtung so langsam zu definieren begann.

Zu diesem Zeitpunkt gerieten die aufgeblasenen Heavy Metal Titanen so langsam aus der Gunst der Hörer, und wurde von jungen, wilden Nachwuchskünstler verdrängt. Die sogenannte New Wave of British Heavy Metal versuchte in Amerika Fuss zu fassen, mit zum Teil unsäglichen auf den amerikanischen Markt zugeschnittenen Produktionen, die weit weg waren von ihrer Rauhheit der früheren Tage. Judas Priest kam mit Turbo, Saxon veröffentlichte Innocence Is No Excuse und Girlschool floppten mit Running Wild. Iron Maiden reichten ein Live Album nach. Led Zeppelin und Black Sabbath versuchten es mit ihren ersten Reunions. All dies stand nicht gerade in der Gunst der Fans. Obwohl Veränderung für die Entwicklung einer Band ebenso wichtig ist, wurde diese erst gar nicht gut geheissen.

Aber die amerikanische Westküste geriet immer mehr in die Gewalt des Haarsprays. Bands wie Poison, Mötley Crüe und Cinderella zogen die Aufmerksamkeit am Sunset Strip auf sich, Bon Jovi einverleibte sich die Ostküste und Guns n’Roses war auf einmal in ganz Amerika am Start.

Aber unter der Oberfläche des Heavy Metals begann auch etwas düsteres zu brodeln. Da kam auf einmal das Album Speak English or Die auf den Markt. Komponiert von Mitglieder der Bands Anthrax, Nuclear Assault und Billy „Mosh“ Milano, die sich als Stormtroopers of Death zusammentaten, und so etwas wie die erste Supergroup des Thrash Metals war. Das Album vereinte die verschiedensten Stile von Punk bis Metal, einfach alles was harte Gitarren beinhaltete. Vielleicht ist es Zufall das mit Carnivore auch noch eine Schock Thrash Band die Bühne betrat. Carnivore war die erste Band von Pete Steele, bevor er sich mit Type O Negative weiteren Kultstatus erarbeitete. 1985 fingen sich Bands an zu etablieren, die später zu den neuen Giganten heranwuchsen. Da waren die Thrash Metal Bands, Metallica, Megadeth, Slayer und Anthrax, die später als „The Big 4“ in die Geschichte eingingen, die allesamt wegweisende Alben veröffentlichten. Nicht zu vergessen Exodus mit Bonded by Blood.

Natürlich begrenzte sich der Umbruch nicht nur auf Nordamerika, in Brasilien brachten Sepultura ihre EP Bestial Devastation raus. In Deutschland debütierten Kreator. Der Power Metal bekam Schub mit Helloween und ihrem Walls of Jericho. Aber auch der traditionelle Metal wurde bei unseren nördlichen Nachbarn erfolgreich abgefeiert, als Warlock ihren Zweitling präsentierten. In England entwickelten Napalm Death den Grindcore. Bei uns in der Schweiz ging Hellhammer in Rente um daraus die bis heute als Kultband geltenden Celtic Frost zu formieren. In Skandinavien existierte auf einmal eine Black Metal Szene, angeführt von Bathory.

Ich könnte die Liste fast endloss weiterführen, den 1985 kann man wirklich als Geburtsstunde vieler neuer Spielarten des Heavy Metals bezeichnen. Nur finde ich es bis heute schade, dass diese Schubladisierung dann so richtig Einzug hielt. Und auf einmal war es uncool wenn man sich Bon Jovi anhörte uns zeitgleich Slayer als Lieblingsband, oder umgekehrt betitelte. Die Einen mochten fette Gitarren untermalt mit Keyboards, die Anderen verfluchten diese Posers dann schon fast wieder. Wer früher Heavy Metal hörte musste sich auf einmal auf einen Stil beschränken, damit er zum Teil überhaupt in gewissen Szenen toleriert wurde. Heute stelle ich fest, dass diese Grenzen immer mehr wieder ineinander fliessen, da es viele Bands gibt, welche die unterschiedlichen Elemente zu verbinden versuchen. Dies tut der Fangemeinde natürlich ungemein gut, und es ist wieder möglich sich zu Exodus in den Moshpit zu begeben aber auch gleichentags die Rockhymnen von Bon Jovi mitzugröhlen. Heavy Metal geht also sozusagen wieder zu seinen Wurzeln zurück, und bildet diese Einigkeit und Verbundenheit mit der Stilart, die es vor 1985 schon gab, als Metal eher ein Ausdruck des Rebellentums war.