Als Phil Collins Mitte der 90er Jahre Genesis verliess, versetzte er die Band auf einmal in die undankbare Situation einen neuen Sänger für ihr 15. Album zu suchen. Keine leichte Aufgabe für Tony Banks und Mike Rutherford, schliesslich ist Genesis eine der erfolgreichsten Rockbands, und hatten zuvor ein extrem erfolgreiches Album abgeliefert. Und ich fand es eigentlich noch cool, dass sich Genesis nicht nach einer „klingt gleich wie Phil“ Stimme umgeschaut haben. Ray Wilson hiess der für die meisten Genesis Fans unbekannte neue Mann hinter dem Mikro. Ray war Sänger der Band Stiltskin die so etwas wie ein One Hit Wunder waren. Mit dem Song Inside waren sie in Europa recht erfolgreich, gepusht durch die Verwendung des Songes in einem Werbespot, die Band löste sich dann aber 1996 auf.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die übrig gebliebenen Musiker von Genesis schon einige Titel für das neue Album Calling All Stations geschrieben, dass dann später im September 1997 erschienen ist. Ray stiess dazu und befand sich auf einmal in der Situation, in die übergrossen Fussstapfen eines Phil Collins zu stehen, mit einer ganzen Menge Songs vor sich, die nicht von ihm stammten. Es waren ja nicht nur die neuen Songs, es ging ja auch um den ganzen Backkatalog der Band mit all den Hits. Nicht nur die Phil Collins Ära, es waren da ja auch die Songs aus der Zeit mit Peter Gabriel.

Ziemlich vorhersehbar, wurde Calling All Stations schnell mal als Flop bezeichnet. In meinen Augen zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber vermutlich waren die Erwartungen an Genesis einfach viel zu hoch. Die Verkaufszahlen in Amerika führten zudem dazu, dass Genesis die komplette US Tour absagten, welche eigentlich zur Promo dienen sollte. Das Album wirkte auf die Presse orientierungslos, mit einigen Höhepunkten, und dazu zählte auch die Vorab Single „Congo“. Der Song vereint einige der Markenzeichen der Band in sich, Merkmale aus den unterschiedlichen Jahren die die Band mittlerweile auf dem Buckel hat. Dazu zählen sägende Gitarren, Synthieteppiche und der Hymnenähnliche Refrain, reingequetscht in ethnische Percussion und einem etwas schrägem Fade Out zum Schluss. Es war also weder The Carpet Crawlers aus der Peter Gabriel Zeit noch ein In Too Deep aus der Zeit mit Phil Collins. Es war ein Song irgendwo dazwischen, der die Band in eine neue Richtung bringen sollte, jedoch ohne die Vergangenheit zu leugnen. Der Song selbst handelt jedoch nicht, wie man annehmen könnte vom gleichnamigen afrikanischen Land, sondern von zwei Menschen die sich nicht ausstehen können. Im nach hinein schon fast wahrsagerisch.

Irgendwie brauchte das Keiner mehr, wie auch immer. Als das Album dann auch noch schnell wieder aus den Hitparaden rutschte, verschwand auch Genesis von der Bildfläche und versetzte sich in den Winterschlaf. Mike Rutherford erklärte später einmal, dass er den Entstehungsprozess des Albums eigentlich genoss. Aber die Stimmung änderte sich, er hatte auf einmal das Gefühl, Genesis neu zu definieren zu müssen, dies aber würde zuviel Arbeit mit sich bringen. Er hatte aber noch seine Band Mike And The Mechanics, wusste aber auch das Ray und Tony die Band weiterführen wollten. Nur er, er konnte es einfach nicht mehr.

Ray Wilson der einen Vertrag mit Genesis hatte, welcher auch nach Calling All Stations noch ein Album beinhaltete, wartete nach der Tour mehr als ein Jahr darauf weiterzumachen. Dann rief in der Manager an, und teilte mit, dass es vorbei ist mit Genesis. Mike hat sich einfach zurückgezogen und nichts mehr von sich hören lassen, und so wurde Genesis in aller Ruhe zu Bette gelegt. Heute bedauert Ray Wilson sogar, dass er bei Genesis mitgemacht hat, da es einfach eine Schuhnummer zu gross für ihn war.